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letzte Änderung 21.07.2009
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Alltag in Israel - Solarstrom-Blume mitten in der Wüste - "Schiffe versenken" nachgestellt - Ein Computerprogramm überwindet Grenzen

Hintergrund

21. Juli 2009

Alltag in Israel: "Nur mal schnell zur Post"

Es ist Mittag, also könnte ich die Arbeit unterbrechen und schnell zur Post gehen. Die nächste sei in der KKL-Straße, hat man mir erklärt. Das ist etwa zehn Minuten von meinem Quartier entfernt. Ich gehe hin, finde das Postamt - und bleibe irritiert stehen. Es wird gerade renoviert und sieht nicht besonders anheimelnd aus.

Draußen steht ein Automat, der offenbar noch funktioniert, doch der hilft mir nicht weiter. Von der übrigen Einrichtung ist nichts zu erkennen. Am Seiteneingang treffe ich auf einen Tisch und zwei Israelis, die einen kleinen Teil der Dienste übernehmen. Sie schicken mich zur Schamai-Straße, das dauert noch einmal etwa zehn Minuten.

In diesem Postamt sind viele Menschen versammelt. Als ich eine Nummer ziehe, stelle ich fest, dass ungefähr 50 Leute vor mir an die Reihe kommen. Wenigstens finde ich einen freien Sitzplatz. Aber womit soll ich mir die Wartezeit vertreiben? Natürlich habe ich nicht daran gedacht, für einen solchen Fall ein Buch mitzunehmen. Doch nach wenigen Minuten kommt ein älterer Mann mit Kippa herein, der vier Nummern hinter mir ist, und setzt sich zögernd neben mich. Ich begrüße ihn mit "Schalom". Das ermutigt ihn offenbar zu der Frage: "Können Sie mir helfen und das für mich aufschreiben?"

Kurz durchzuckt mich der Gedanke, dass mir diese Formulierung irgendwie bekannt vorkommt, da fällt mir auch schon ein, woher. Das fragen die arabischen Händler in der Altstadt, wenn sie einen Touristen in ihren Laden locken wollen. Dann bitten sie den Besucher, das Wort "Sommerschlussverkauf" (obwohl es den in Deutschland gar nicht mehr gibt) oder das englische "Sale" (Angebot) für sie zu notieren. Und schon ist der unfreiwillige Kunde mitten im Gespräch mit dem Verkäufer, dem er eigentlich ausweichen wollte.

Doch das hier ist kein arabischer Basar, sondern eine israelische Postfiliale. Und neben mir sitzt kein gerissener Händler, sondern ein vertrauenerweckender Israeli, der Hebräisch mit mir spricht. Also überwinde ich meine Zurückhaltung und erkundige ich mich, worum es geht. Er möchte ein Paket nach China schicken, die Adressen stehen schon darauf. Doch nun muss er sie noch in ein Formular eintragen. In lateinischer Schrift. Ich schreibe die Anschriften in die entsprechenden Felder, er bedankt sich, wir kommen ins Gespräch. Das Paket ist für seinen Sohn bestimmt, der in China arbeitet. Ich erzähle ihm, dass ich aus Deutschland komme und eigentlich in das Postamt wollte, das renoviert wird. Da meint der Israeli: "Und dann hat Gott dafür gesorgt, dass Sie hierher kommen, damit wir uns begegnen und Sie mir helfen können."

Die Wartezeit wird mir durch das Gespräch mit dem Pensionär sehr kurz. Als meine Nummer aufgerufen wird, wünschen wir uns gegenseitig alles Gute. Er verabschiedet sich mit den Worten: "Es war sehr angenehm."

Von: Elisabeth Hausen



16. Juli 2009

Solarstrom-Blume mitten in der Wüste

EILAT (inn) - In der Arava-Wüste, zwischen dem Toten Meer und Eilat, steht seit kurzem eine futuristische Solarstromanlage. Rund 200 Bewohner eines Kibbuzes können sich nicht nur an kostenlosem Strom vom Himmel erfreuen, sondern auch über eine anziehende Architektur.

Im Januar begann der Bau der Solarstromanlage im Kibbuz Samar. Wie die Tageszeitung "Ha´aretz" berichtet, ist es die erste kommerzielle Solarstromanlage in Israel, die den ganzen Tag ohne Unterbrechung Strom liefern kann. Die Technik dazu wurde am Weizmann Institut für Wissenschaft in Rehovot entwickelt.

Die Anlage erstreckt sich über eine Fläche von 2.000 Quadratmetern und besteht aus 30 einzelnen Spiegeln, die sich nach der Sonne ausrichten können. Jeder Spiegel fokussiert seinen Strahl auf ein Empfangsteil auf der Spitze eines Turms, die wie eine Lotusblüte geformt ist. Die Spitze wird durch die gebündelten Sonnenstrahlen auf eine Temperatur von über 1.000 Grad Celsius erhitzt. Eine Gasturbine wandelt die Hitze in Elektrizität um. Rund 100 Kilowatt erzeugt der Generator, genug für 50 bis 70 Familien.

"Die Solar-Anlage ist nicht nur eine ökologische Errungenschaft, sondern auch eine architektonische und künstlerische", schreibt die Tageszeitung. Errichtet wurde die Anlage von der israelischen Firma AORA. Der Architekt Haim Dotan half bei der Konstruktion. Er gilt laut der Tageszeitung "Ha´aretz" als einer der kreativsten und bedeutendsten Architekten Israels. Von ihm stammt etwa neue Kulturzentrum in Aschdod und das Andre Minkoff Auditorium in Be'er Scheva.

Die "Blume" passe gut in das Umfeld des ländlichen Kibbuz, betont Dotan. "Die Idee hinter dem Design war, dass Solarenergie dazu führen kann, dass die Wüste erblüht", sagt der Architekt. "Deshalb entschieden wir uns für eine Blumenform. Wenn es mehrere solcher Türme gibt, vielleicht sechs oder zehn, haben wir einen 'Garten' geschaffen." Der Stahlturm erhielt eine gelbe Farbe, die zur Wüste ringsum passt. Laut Dotan könne das futuristische Design auch dazu beitragen, die Aufmerksamkeit derer, die durch die Gegend kommen, auf Solarenergie zu lenken.

Der Architekt will nun versuchen, seine "Blume" nach China zu verkaufen, wo er am israelischen Pavillon auf der Expo 2010 in Shanghai arbeitet.

Von: J. Schumacher





16. Juli 2009

"Schiffe versenken" nachgestellt

AKKO (inn) - Ein gesunkenes britisches Kriegsschiff mit einem besonders massiven Rumpf aus Eichenholz vor dem Hafen von Akko hat Wissenschaftlern der Universität Haifa viele Rätsel aufgegeben. In Rumpf des im Jahr 1799 gesunkenen Schiffes entdeckten Unterwasserarchäologen mehrere Kanonenkugeln.

Möglicherweise handelte es sich um ein britisches Schiff, das die Briten selber am Eingang des Hafens von Akko versenkt hatten, um den Franzosen die Belagerung von Akko unter Napoleon zu erschweren. So Amir Gilat, der dazu eine Presseerklärung der Universität veröffentlichte.

Das gesunkene Schiff wurde 1966 entdeckt. Doch erst seit drei Jahren wird es intensiver erforscht, um zu erfahren, wem es gehörte, wann und warum es gesunken war. So stellte sich den Wissenschaftlern die Frage, ob die damaligen Kanonenkugeln die Kraft hatten, den massiven Bug aus Eichenholz zu durchbrechen. Ähnliche Forschungen wurden gelegentlich auch anderswo in der Welt durchgeführt, doch nur spärlich und ohne viele wissenschaftliche Ergebnisse, weil der Nachbau eines alten Schiffes sehr kostspielig sei.

Gemeinschaftlich glauben das "Leon Recanati Institut" für maritime Studien bei der Universität Haifa und der bekannte israelische Rüstungsbetrieb Rafael, das Rätsel gelöst zu haben. Fünf Exemplare des Schiffsrumpfes wurden im Maßstab 1:2 nachgebaut. Ebenso maßstabsgerecht produzierte Rafael eine Kanone und Metallkugeln, mit denen die hölzernen Schiffsrümpfe beschossen wurden. Die Geschwindigkeit der abgeschossenen Kugeln wurde mit 100 bis 500 Metern pro Sekunde genau bemessen. Dabei wurde festgestellt, dass der hölzerne Rumpf nicht einmal der Kugel mit der geringsten Geschwindigkeit widerstand. Je langsamer die Kugel flog, desto mehr Energie musste vom Schiffsrumpf absorbiert werden. Das Holz zersplitterte und verursachte großen Schaden für die Besatzung. Nach Angaben der Forscher habe das Experiment "wichtige Einblicke" in die Geschichte des gesunkenen Schiffes und in den Ablauf der Seeschlachten vor 200 Jahren geboten.

Von: Ulrich W. Sahm




15. Juli 2009

Ein Computerprogramm überwindet Grenzen

Israelis und Palästinenser haben am Dienstagabend eine Website gestartet, durch die Internetnutzer in aller Welt einen "virtuellen Desktop" erhalten können. Der frühere britische Premierminister Tony Blair lobte die Kreativität der Mitarbeiter aus dem Westjordanlalnd und Israel, die das Projekt "G.ho.st" ermöglicht hatten. Die Eröffnung wurde auf einer Anhöhe zwischen Jerusalem und Bethlehem gefeiert - dort befindet sich eine Lücke in der israelischen Sperranlage.

"G.ho.st" steht für "Global Hosted Operating SysTem" (Weltweit verfügbares Betriebssystem). Er ist gleichzeitig die Webadresse, für die sowieso Punkte benötigt werden. Außerdem hat für die israelischen und palästinensischen Mitarbeiter das englische Wort "ghost" (Geist) auch eine symbolische Bedeutung: Ein Geist, der keinen Körper hat, kann ungehindert Mauern durchdringen und Grenzen überschreiten.

"Wir wissen, dass wir eine politische Lösung brauchen", sagte Blair bei der Eröffnung. Doch es gehe nicht nur um Politik, sondern auch um Wirtschaft, Lebensstandard und das Bedürfnis nach Sicherheit. "Ich war heute in Nablus. Da haben die Israelis mehrere Checkpoints entfernt." Dies bringe die palästinensische Wirtschaft voran.

Kreativität, wie sie in diesem Projekt zum Ausdruck komme, "kennt keine rassischen und kulturellen Hindernisse", so der Gesandte des "Nahostquartetts". Israelis und Palästinenser seien beide sehr kreativ. Angesichts der hinter ihm befindlichen Sperranlage hoffe er, dass Barrieren niedergerissen würden. "G.ho.st" bezeichnete Blair als "Symbol einer anderen und veränderten Welt, wo Menschen Seite an Seite in Frieden und Harmonie leben". Das Quartett besteht aus der UNO, der EU, den USA und Russland.

Israelischer Gründer: "Mitarbeiter mussten auch Botschafter sein"

Der israelische Software-Entwickler Zvi Schreiber ist Gründer und Generaldirektor von "G.ho.st". Er hat in den USA, Großbritannien und Israel gearbeitet. Zuletzt gründete und leitete er das Unternehmen "Unicorn Solutions", das er im Mai 2006 an IBM verkaufte. Über die Zusammenarbeit zwischen Israelis und Palästinensern sagte er bei der Feier: "Jeder müsste ein Botschafter sein und in seiner eigenen Gemeinschaft erklären, warum es so wichtig ist, dass man zusammenarbeitet."

Im Mai 2006 gab es die erste Start-up-Version der Website, auf der die Anwender unter anderem Dateien, Ordner und Bilder genauso speichern können wie auf ihrem eigenen Desktop. Ein Jahr später baten die Mitarbeiter zahlreiche User in aller Welt, das Programm zu testen und über Fehler zu informieren.

Bislang steht "G.ho.st" in 20 Sprachen zur Verfügung. Nutzer können die Administratoren auf neue Anwendungen aufmerksam machen, die dann in das Programm aufgenommen werden. Jeder User erhält kostenlos 15 Gigabytes Speicherplatz. Wenn dieser nicht ausreicht, kann er gegen Bezahlung um 5 Gigabytes aufgestockt werden. "G.ho.st" finanziert sich unter anderem dadurch, dass es eine Gebühr von Service-Providern erheben kann, wenn Nutzer von ihrem virtuellen Desktop aus auf sie zugreifen.

Arbeitsbesprechungen in der Wüste

Die Mitarbeiter trafen sich bei der Entwicklung des virtuellen PC-Arbeitsplatzes in der Wüste zwischen Jerusalem und Jericho, weil sowohl Israelis als auch Palästinenser dorthin gelangen konnten. Trotz der technischen Schwierigkeiten an dem abgelegenen Ort waren die Entwickler erfolgreich. Die Kommunikation erfolgte allerdings in den meisten Fällen auf elektronischem Wege, persönliche Begegnungen waren selten.

Schreiber will auch mithelfen, dass sich die Wirtschaftslage in den Palästinensergebieten verbessert. Durch das Unternehmen "G.ho.st" wurden neue Arbeitsplätze geschaffen. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Seiten schaffe mehr Verständnis füreinander. Das Team besteht aus mehr als 30 Palästinensern und Israelis. Im Gazastreifen gibt es derzeit keine Mitarbeiter. Dies liegt einerseits an der Infrastruktur: In dem Gebiet ist das Internet schwer zugänglich und wird teilweise zensiert. Ein zweiter Grund sind die politischen Spannungen. "G.ho.st" ist auf den britischen Jungferninseln registriert, weil sie ein neutraler Ort sind. Die Hauptquartiere befinden sich in der israelischen Stadt Modi'in und in der palästinensischen Autonomiestadt Ramallah.

Palästinenser: "Kulturen sind nicht so unterschiedlich"

Der Leiter der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten von "G.ho.st" im Palästinensergebiet, Elias Chalil, sagte bei der Eröffnung: "Ich glaube, dass Software-Industrie eine wichtige Industrie in einem Entwicklungsland wie Palästina sein sollte." In dem virtuellen Team habe man mit Leuten aus anderen Kulturen kommunizieren müssen, "die unter anderen Umständen vielleicht als Feinde angesehen würden". Doch später habe sich herausgestellt, dass die Kulturen gar nicht so unterschiedlich seien.

Zu der Firma gehört auch die "G.ho.st-Friedensstiftung". Deren Leiterin ist Noa Rothman, eine Enkelin des 1995 ermordeten israelischen Premierministers Itzhak Rabin. Sie berichtete von drei Computerzentren, die neu gegründet wurden. Zwei befinden sich in Ostjerusalem, eines in der israelischen Stadt Lod - das besuchen auch Araber. Die Zentren arbeiteten eng mit den örtlichen Sozialeinrichtungen zusammen. Kinder, Jugendliche und Erwachsene nutzten diese Möglichkeit. Die Mitarbeiter der Stiftung planen weitere solche Zentren an verschiedenen Orten.

"Mehr Flexibilität als beim PC"

Bereits vor der Eröffnung hatte Schreiber vor Journalisten die technischen Vorteile von "G.ho.st" erläutert. Einer von ihnen sei die Flexibilität: User könnten von jedem Computer aus auf das Programm zugreifen, der einen Internetzugang hat. Der Browser spiele dabei keine Rolle. Auch über Mobiltelefone mit entsprechender Ausstattung sei die Website erreichbar. Wenn jemand seinen virtuellen Desktop wieder öffne, finde er ihn genauso vor, wie er ihn zuletzt verlassen habe.

Die Nutzer würden zudem nicht durch Mitteilungen über Updates gestört, weil sich die Mitarbeiter von "G.ho.st" darum kümmerten, sagte der Israeli. Auch sei das Programm billiger. Von jeder Datei würden automatisch drei Sicherheitskopien erstellt. Regelmäßiges Speichern sei allerdings wichtig. Hinzu komme eine größere Sicherheit als bei einem Computer zu Hause, der gestohlen werde könne. Als Vergleich nannte er die Möglichkeit, Geld entweder in der eigenen Wohnung oder auf einer Bank zu lagern. Nutzer würden angehalten, sich ein Passwort zuzulegen, das man unmöglich erraten kann. Bei Fragen reiche eine E-Mail, innerhalb weniger Stunden beantwortet werde.

Von: Elisabeth Hausen (Jerusalem)






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