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letzte Änderung 17.12.2009
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Offener Brief an die arabische Welt - Juristische Kriegsführung

Hintergrund | 16.12.09

"Offener Brief an die arabische Welt"
Israels stellvertretender Außenminister Danny Ajalon hat sich in einem offenen Brief an die arabische Welt gerichtet. Darin fordert er ein Ende der alten Denkweise und bietet eine Kooperation bei der Bewältigung globaler Herausforderungen an. Sein Schreiben wurde in der arabischsprachigen Tageszeitung "A-Schark al-Awsat" veröffentlicht.
Israels Führer hätten immer Frieden mit ihren arabischen Nachbarn gesucht, schreibt Ajalon. Er erinnerte an einen Absatz in der israelischen Unabhängigkeitserklärung. Darin heißt es: "Wir strecken unsere Hand allen benachbarten Staaten und ihren Völkern entgegen und bieten Frieden und gute Nachbarschaft an, und wir appellieren an sie, Bande der Kooperation und der gegenseitigen Hilfe zu knüpfen". Diese Worte hätten heute noch Gültigkeit, so Ajalon. Er bedauere, dass bislang nur Ägypten und Jordanien Frieden mit dem jüdischen Staat geschlossen haben, heißt es in dem Schreiben, das die Tageszeitung "Ha´aretz" ins Englische übersetzt hat.

Die israelische Regierung strecke ihren arabischen Nachbarn aber auch die Hand entgegen, um gemeinsam großen globalen Herausforderungen entgegenzutreten. Erstmals seit vielen Jahren fänden sich Israel und die arabische Welt auf derselben Seite wieder, indem sie versuchten, Extremismus zu bekämpfen. Der Iran werde von vielen häufig nur als Bedrohung für Israel angesehen, "aber wir in der Region wissen, es ist anders", schreibt Ajalon. Das Regime in Teheran exportiere seine extremistischen Ideen in die gesamte Region und bewaffnete terroristische Gruppen versuchten, moderate sunnitische Staaten zu destabilisieren.

"Nicht Israel, sondern Extremisten sind die Feinde!"

"Der Feind der Menschen im Libanon ist nicht Israel, sondern die Hisbollah. Der Feind des palästinensischen Volkes ist nicht Israel, sondern die Hamas. Der Feind des ägyptischen Volkes ist nicht Israel, sondern es sind militante islamistische Oppositionsgruppen. Alle diese Gruppen, und viele andere, erhalten ihre Befehle vom Iran, der jegliches Streben der Region nach Freiheit und Fortschritt kontrollieren und unterdrücken will", so der stellvertretende Außenminister.

"Gemeinsam gegen den Iran"

Für seine eigenen Zwecke greife der Iran ständig in die Souveränität arabischer Staaten ein. Israel sowie seine sunnitischen Nachbarn stünden im Visier der iranischen Führung. Es müsse daher verhindert werden, dass der Iran in den Besitz von Atomwaffen gelange. "Nur zusammen können wir dieser Bedrohung entgegentreten und sie ausräumen", so Ajalon.

"Zusammenarbeit beim Kampf gegen Klimawandel"

Ein weiteres wichtiges Thema, bei dem kooperiert werden könnte, sei der drohende Klimawandel. Ajalon wies dabei auf Berichte verschiedener Umweltorganisationen hin, die vor großer Not in der Region warnen, falls der Regen weniger werden sollte und die Temperaturen steigen sollten. Gewalt und Konflikte würden dann zunehmen. Bereits jetzt gebe es Streitigkeiten um das Wasser, die Wüste breite sich weiter aus.

Israel habe es sich zum Ziel gesetzt, die Wüste zum Blühen zu bringen und sei damit in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich gewesen. "Israel war in der Lage, die Wüste in urbares Land und öde Landschaften in Wälder zu verwandeln. Wir haben unsere landwirtschaftlichen Wunder immer mit unseren Freunden in Afrika und Asien geteilt und aus diesem Grund haben viele der Entwicklungsländer eine Partnerschaft mit Israel gesucht, um ihren eigenen landwirtschaftlichen Herausforderungen gegenüberzutreten", schreibt Ajalon. In Ägypten und Jordanien gebe es ebenfalls eine Zusammenarbeit auf diesem Gebiet. Hunderte Jordanier würden jährlich in Israel im Bereich umweltfreundliche Landwirtschaft ausgebildet.

"Alte Denkmuster ablegen"

Um diesen und weiteren Herausforderungen zu begegnen, müsse mit den Denkmustern der Vergangenheit abgeschlossen werden. Das jüdische Volk sei in der Region aufgrund seiner historischen, legalen, moralischen und nationalen Rechte.

"Die Schwarzseher, die eine jüdische politische Präsenz in der Region nicht zulassen wollen, werden uns alle zu vielen weiteren Jahren der Konflikte und Instabilität verdammen. Es ist Zeit für mutige Führer in der arabischen Welt, wie Ägyptens Präsident Anwar Sadat 1979 und Jordaniens König Hussein 1994, zu erkennen, dass friedliche Koexistenz viel besser für alle von uns ist, als andauernde Konflikte und Feindschaft", so Ajalon.

"Israel wird seinen Teil erfüllen"

Es sei an der Zeit, in die Zukunft zu schauen und die Unnachgiebigkeit abzulegen, um eine bessere Zukunft für alle Menschen in der Region zu schaffen. Israel sei bisher sehr weit gegangen und sei dazu bereit, seinen Teil zu erfüllen. Allerdings müsse es dafür bereite Partner geben. Ohne diese gebe es nur weitere Konflikte. Eine Gemeinschaft sei nötig, um den riesigen Herausforderungen entgegenzutreten.

Aschley Perry, Medienberaterin für das Büro des stellvertretenden Außenministers, bezeichnete den Brief als "bisher einmalig". "Normalerweise sprechen Israelis zu den westlichen Medien darüber, was die Araber tun sollten und die Araber sprechen zu ihren Medien darüber, was die Israelis tun sollten. Das hier ist etwas ganz anderes, hier schreibt ein israelischer Politiker auf Arabisch an die arabische Welt", so Perry.

Der "Offene Brief an die arabische Welt" wurde in der panarabischen Tageszeitung "A-Schark al-Awsat" abgedruckt. Diese hat ihren Hauptsitz in London und zählt zu den größten arabischsprachigen Printmedien der Welt.

Von: Dana Nowak



15. Dezember 2009

Juristische Kriegsführung


Der Haftbefehl gegen die israelische Oppositionschefin Zippi Livni ist nur die Spitze eines Eisbergs. Für die palästinensische Kriegsführung mit juristischen Mitteln gibt es im Englischen sogar schon einen Fachbegriff. Statt "warfare" sprechen die Fachleute von "lawfare", einem juristischen Krieg.

Die Methode, Strafverfolgungen israelischer Politiker anzustrengen, ist vor einigen Jahren in Belgien erprobt worden. Palästinenser machten sich die Rechtsvorstellung zunutze, dass "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und Kriegsverbrechen überall in der Welt geahndet werden könnten.

Im Rahmen dieser universalen Gerichtsbarkeit bemühten sich Palästinenser in Belgien um einen Prozess gegen Israels Premierminister Ariel Scharon wegen seiner mutmaßlichen Verantwortung für die Massaker in Sabra und Schatila 1982. Doch der gutgemeinte Versuch, weltweit die Menschenrechte zu schützen, belastete die Beziehungen zu Israel und widersprach dem nationalen Interesse Belgiens.

Aktionen sollen Israel isolieren

Auch in Spanien müssen israelische Kriegsverbrecher mit einem Strafverfahren rechnen. Vor einem Monat veröffentlichten israelische Medien "Reisewarnungen". Militärangehörige sollten sich vor einem Urlaub in Spanien erkundigen, ob gegen sie ein Haftbefehl vorliege. Der juristische Krieg gegen Israel hat den Palästinensern auch schon Erfolge beschert. Ohne mit Israel verhandeln zu müssen, beschloss Premier Benjamin Netanjahu einen Baustopp in den Siedlungen, nachdem US-Präsident Barack Obama sie für "illegitim" erklärt hatte.
Diese juristische Kriegsführung gegen Israel wird in der Menschenrechtsorganisation UNO, in Universitäten, Gewerkschaften und Kirchen betrieben. Palästinensische Diplomaten fechten in der UNO die Legitimität des Staates Israel an. Ein Ausschluss des jüdischen Staates aus der Weltorganisation soll Israel isolieren und ist keineswegs nur gegen die "illegalen Siedlungen" oder gegen die "völkerrechtswidrige" Besatzung gerichtet.

Bei der UNO gelang es auch, das Mandat für den "Goldstone-Bericht" durchzusetzen. Lediglich die israelischen Kriegsverbrechen während des Gaza-Krieges sollten untersucht und damit allein Israel an den Pranger gestellt werden. Die im Gazastreifen herrschende Hamas-Organisation blieb von einer Verurteilung ausgespart. Der Report bezichtigt in diffuser Art und Weise "bewaffnete palästinensische Gruppen" eines völkerrechtswidrigen Beschusses israelischer Städte, weil deren Raketen nicht richtig zielen könnten. Zur Hamas heißt es in dem Bericht lediglich, dass sie "gegen internationales Recht verstoßen haben könnte".

Boykott akademischer Kontakte mit Israel

An Universitäten in den USA, Kanada und Norwegen drängen Palästinenser auf einen Boykott akademischer Kontakte mit Israel. Die britischen Gewerkschaften haben diesen bereits verkündet. Bei kirchlichen Organisationen gibt es so genannte "Divestment"-Kampagnen, um Spenden für Israel zu unterbinden. Hinzu kommen Aktionen gegen israelische Firmen, die Fabriken in den besetzten Gebieten unterhalten, oder internationale Konzerne wie Veolia in Frankreich, die mit Israel kooperieren.

Der französische Konzern zog seine Beteiligung am Bau der Jerusalemer Straßenbahn zurück, weil sie in das 1967 besetzte Ost-Jerusalem führe. Ohne Friedensverhandlungen wollen die Palästinenser eine erneute Teilung der Stadt erzwingen. Die notwendigen Informationen über israelische Fabriken in Siedlungen liefern linksgerichtete Organisationen wie "Frieden Jetzt" und Uri Avnerys Verein "Friedensblock".

Subtilere Methoden, Israel auszugrenzen, haben Briten und Deutsche unternommen. Britische Supermärkte erhielten in der vergangenen Woche die "Empfehlung", bei Produkten aus dem Westjordanland zu kennzeichnen, ob es palästinensische Waren seien, oder "Produkte aus Siedlungen". Das käme keinem Boykott gleich, hieß es im britischen Außenministerium, sondern diene den Kunden zur Information.

Urteil des Gerichtshofes steht noch aus

Ein ähnlicher Fall liegt jetzt dem europäischen Gerichtshof vor. Eine deutsche Firma hatte mit "Made in Israel" gekennzeichnete Soda-Wasser-Maschinen importiert. In Wirklichkeit seien sie im besetzen Gebiet produziert worden. Die Zöllner im Hamburger Hafen verlangten Zoll, da nur in Israel produzierte Waren von Abgaben befreit seien. Der Luxemburger EU-Chefankläger Yves Bott bestimmte, dass Israel "international anerkannte Grenzen" habe, gemäß dem UNO-Teilungsplan von 1947.

Folglich müsste sich Israel bei der Autonomiebehörde in Ramallah eine Exportgenehmigung für Waren einholen, die jenseits dieser Grenzen hergestellt worden seien. Nicht zu Israel gehören gemäß dem Teilungsplan die Städte Naharija, Nazareth, Jaffa im Süden Tel Avivs, Béer Scheva und der Ben-Gurion-Flughafen. Das Urteil des EU-Gerichtshofs steht noch aus und könnte verheerende politische Folgen für alle Beteiligten haben: Europäer, Israelis und Palästinenser, gleichgültig, wie die Richter am Ende entscheiden. Friedensverhandlungen würden sich erübrigen, sowie Zöllner im Hamburger Hafen am Ende entscheiden, wie die Grenzen im Nahen Osten gezogen werden sollten.

Von: Ulrich W. Sahm (Jerusalem)


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