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letzte Änderung 20.05.2010
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Todesstrafe – Nachrichtensperre – Buchbesprechungen – iPad – Ehrenmorde – Obama – Iran – Google – Eklat – Hummus – Türke festgenommen

Hintergrund

07. April 2010

HRW kritisiert Todesstrafe in Palästinensergebieten


Die Hamas soll eine Erklärung zurücknehmen, nach der sie in naher Zukunft die Todesstrafe an mehreren Verurteilten vollstrecken will. Das forderte die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" (HRW) in einer Erklärung vom Dienstag. Sie kritisierte zudem den Ablauf der Gerichtsverhandlungen.

"Die Todesstrafe, die im Gazastreifen durch Erschießen oder Erhängen vollstreckt würde, ist von Natur aus grausam und unmenschlich, und die von den Militärgerichten der Hamas verhängten Todesstrafen verletzen die Maßstäbe einer fairen Gerichtsverhandlung", so HRW.

Laut der Erklärung seien von der Todesstrafe meistens Anhänger der rivalisierenden Fatah-Bewegung betroffen, oder Palästinenser, die von einem Hamas-Militärgericht für schuldig befunden wurden, mit Israel zu kollaborieren. Am 24. März 2010 hatte der Innenminister der Hamas-Regierung, Fathi Hammad, erklärt, die Behörden würden die Todesstrafe in naher Zukunft vollstrecken, die "Agenten für Israel" auferlegt wurde - "ungeachtet der Position von Menschenrechtsgruppen, die diese Art von Strafen ablehnen".

HRW zufolge wurden im vergangenen Jahr und Anfang dieses Jahres 16 Menschen von Militärgerichten der Hamas zum Tode verurteilt. Ein weiterer Mann! hatte von einem Zivilgericht die Todesstrafe erhalten. Acht von ihnen sollen wegen Verrats getötet werden.

Nach palästinensischem Recht muss der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) die verhängte Todesstrafe bestätigen, bevor sie ausgeführt werden darf. Die mit der PA zerstrittene Hamas-Regierung hatte im Mai vergangenen Jahres angekündigt, ein Komitee im eigenen Justizministerium einzurichten, welches Todesstrafen bestätigen soll.

Der Generalstaatsanwalt der Hamas, Mohammed Abed, hat laut HRW Ende März seine Organisation dazu aufgerufen, die von den Gerichten verhängten Todesstrafen zu vollstrecken - auch wenn diese nicht vor Ablauf der offiziellen Amtszeit des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas von diesem bestätigt worden waren. Abbas' offizielle Amtszeit endete im Januar 2009. Die Palästinenserführung im Westjordanland hatte diese jedoch bis zu Neuwahlen im kommenden Juni verlängert. Die Hamas erkennt dies allerdings nicht ! an.

"Kein internationaler Standard bei! Gericht sverhandlungen"


In vielen Fällen sei die Todesstrafe aufgrund von Gesetzen und Gerichtsverhandlungen verhängt worden, die nicht ein Minimum des internationalen Standards erreichten, kritisiert HRW. Als Beispiel nennt sie den Fall des zum Tode verurteilten Mohammed Ismail. Gegen diesen sei Ende 2009 wegen Verrats die Todesstrafe verhängt worden, teilweise aufgrund des Geständnisses des Beschuldigten. Allerdings hätten Beweise vorgelegen, laut denen die Hamas-Sicherheitskräfte das Geständnis durch Folter erzwungen hätten.

HRW zeigte sich zudem über die gezielte Verhängung der Todesstrafe gegen politische Gegner besorgt. So seien im April und im Mai 2009 einmal vier und dann drei Fatah-Mitglieder zum Tode verurteilt wurden. Sie sollen im Jahr 2006 einen Hamas-Geistlichen und im Jahr 2007 einen Journalisten einer Hamas-freundlichen Zeitung getötet haben. Allerdings seien HRW keine Fälle bekannt, in denen Hamas-Mitglieder für Morde an Fatah-Anh! ängern verurteilt wurden. Allerdings habe sie allein während und nach Israels Militäroffensive "Gegossenes Blei" im Dezember 2008 und im Januar 2009 32 Fälle dokumentiert, in denen maskierte Hamas-Anhänger außergerichtlich angebliche Kollaborateure ermordet hätten.

Die Menschenrechtsorganisation wies darauf hin, dass Militärgerichte nur für militärisches Personal zuständig seien. Von den 16 Personen, die im vergangenen Jahr zum Tode verurteilt wurden, seien fünf jedoch Zivilisten gewesen.

"Ungenaue Formulierungen im Strafgesetzbuch"


HRW übte zudem Kritik an dem palästinensischen Gesetz, das die Todesstrafe erlaubt. Laut internationalem Recht dürfe diese Strafe nur bei schwersten Verbrechen verhängt werden. In den Palästinensergebieten dürfe die Todesstrafe hingegen für 42 verschiedene Vergehen auferlegt werden. Einige von ihnen seien weit entfernt von "schwersten Verbrechen". Einige Vergehen sei! en zudem zu ungenau formuliert. Als Beispiel nennt HRW Artikel! 165 des palästinensischen Strafgesetzbuches. Dort werde die Todesstrafe gefordert für Verbrechen, die "Menschen aufhetzen" und die "der Ehre oder dem Ansehen der palästinensischen Revolution schaden".

Dem Bericht zufolge hat die Hamas keine gerichtlich verhängte Todesstrafe seit ihrem Wahlsieg 2006 mehr vollstreckt. Die letzte Hinrichtung im Gazastreifen erfolgte demnach im Jahr 2005. Damals hängte die Fatah-Partei vier Männer und ließ einen weiteren erschießen, wegen Mordes.

"Hamas und PA unternehmen nichts gegen Folter"


Die PA im Westjordanland hat laut HRW im vergangenen Jahr gegen drei Männer die Todesstrafe verhängt. Die Urteile wurden jedoch noch nicht vollstreckt. 2009 starben zudem drei Hamas-Mitglieder in Gefängnissen der PA an den Folgen schwerer Folter. Die PA habe die verantwortlichen Sicherheitskräfte bislang jedoch nicht bestraft. Weder die PA noch die Hamas hätten ihre Sicherheitskräfte ! wegen Folter bislang verurteilt, obwohl bereits verschiedene Menschenrechtsorganisationen diese Praxis beklagt hätten.

Von: Dana Nowak







Hintergrund

08. April 2010

Nachrichtensperre verwirrt Israelis


Die Zeitung "Jediot Aharonot" erlaubte sich einen seltenen Jux. Auf einer ganzen Seite gab sie einen übersetzten Agenturbericht wieder, in weiten Teilen jedoch bis zur Unkenntlichkeit geschwärzt: "Ich rede mit Kennern, die gezwungen.... nichts zu sagen...wäre glücklich zu erzählen...Auch ihr Anwalt...würden gerne reden....".

Weder der Name der Figur, um die es geht, noch ihr vermeintliches Verbrechen durften wegen einer Verfügung der Bezirksrichterin Einat Ron aus dem Tel Aviver Vorort Petach Tikva erwähnt werden. "Alle Welt weiß Bescheid, nur die Israelis nicht", klagte Moderator Jaron Dekel im Radio. Während einer zweistündigen Debatte zu dem Thema fragte er die Militärkorrespondentin Carmella Menasche: "Kannst Du uns mehr verraten?" Die sonst so gesprächige Enthüllungsjournalistin zu delikaten Missständen in der israelischen Armee sagte kurz: "Nein, ich will mich mit der Zensur nicht anlegen." Dabei blieb es.

Das Internet ist derweil überschwemmt mit der mysteriösen Geschichte einer seit Dezember unter Hausarrest stehenden jungen Frau. "Wir wollen die volle Wahrheit über Anat Kam", wird auf Hebräisch beim sozialen Netzwerk "Facebook" gefordert, mitsamt einem Bild der 23 Jahre alten Journalistin. Angeblich hat sie während ihres Militärdienstes an Uri Blau von der linksliberalen Zeitung "Ha´aretz" geheime fotokopierte Pläne des Militärs weitergegeben, gezielte Tötungen an Palästinensern vorzunehmen, unter Missachtung bestehender Gesetze und Regeln. Kam wurde unter Hausarrest gestellt. Falls schuldig gesprochen, drohen ihr wegen Hochverrat und Spionage 14 Jahre Haft.

Die Affäre macht in Israel große Schlagzeilen, freilich ohne Namensnennung, ohne das Verbrechen zu erwähnen, ohne Andeutung, worum es eigentlich geht. Dalia Dorner, eine ehemalige Oberrichterin und heute Vorsitzende der Journalistenvereinigung, hält die übereilten richterlichen Veröffentlichungsverbote im Zeitalter des Internet für "lächerlich, überflüssig, veraltet, schädlich und traurig". Ein Fernsehsender und "Ha´aretz" forderten bislang erfolglos eine Aufhebung des Publikationsverbots. Andere reden vom Schaden für das Ansehen Israels. Aus welchen Gründen die Richterin Ron die Nachrichtensperre verhängt hat, kann nur erraten werden.

Sperre aufgehoben


Ein Tel Aviver Richter hob unterdessen die Nachrichtensperre auf. Wie der israelische Rundfunk berichtete, habe Anat Kam während ihres Militärdienstes im Büro des Befehlshabers "Zentrum" Tausende streng geheime Unterlagen kopiert und nach Beendigung ihres Militärdienstes an den "Ha´aretz"-Journalisten Uri Blau weitergegeben. Kam habe vermutlich aus "ideologischen Motiven" gehandelt.

Dieser "schlimmste Fall von Spionage und Hochverrat" in der Geschichte Israels wird seit anderthalb Jahren vom Geheimdienst geprüft. Unbekannt ist, wie viele Dokumente sich noch im Besitz von Uri Blau befinden. Er habe lediglich 50 Dokumente an den Geheimdienst abgegeben und einer Zerstörung seines Laptops zugestimmt, ehe er sich nach London absetzte. Unter den Dokumenten befänden sich hochgeheime Einsatzpläne. Sollten diese Papiere dem Feind in die Hände fallen, hätten sie Tausenden Israelis das Leben kosten können, hieß es in ersten offenen Berichten über den Fall.

Aus Rücksicht auf die Pressefreiheit versprach der Geheimdienst, kein Verfahren gegen den Journalisten anzustrengen, falls er alle Dokumente übergebe. Doch Blau habe sich nicht an die Abmachung gehalten. Eine Prüfung der Papiere führte den Geheimdienst auf die Spur von Anat Kam. Blau habe seine "Quelle" nicht verraten.

"Schaden für die Sicherheit des Staates" ist die übliche Ausrede der Militärzensur, der im Prinzip alle israelischen und per Unterschrift auch alle akkreditierten Auslandskorrespondenten unterliegen. Doch seit vielen Jahren ist von der Pressezensur des Militärs kaum etwas zu spüren, solange Reporter sich brav auf "ausländische Quellen" berufen, wenn sie über die vermeintlich existierenden israelischen Atombomben berichten, oder behaupten, dass israelische Kampfflugzeuge im September 2009 eine vermeintliche Atomanlage im Norden Syriens bombardiert hätten. Nur in Kriegszeiten erwacht die Zensur, indem sie Fernsehsendern verbietet, live über den genauen Ort der Treffer feindlicher Raketen zu berichten. CNN, BBC oder "Al-Dschasira" sollen daran gehindert werden, den Raketenschützen der Hisbollah im Libanon und früher des Irak als Zielhelfer zu dienen.

Tod von Angehörigen nicht aus Medien erfahren


Ansonsten sorgt die Zensur dafür, dass die Namen gefallener Soldaten nicht vorzeitig veröffentlicht werden, damit deren Familienangehörige vom Tod ihrer Söhne nicht aus den Medien erfahren müssen. In Begleitung von Psychologen und Sozialarbeitern übermitteln erst einmal Vertreter des Militärs den Familien einzeln die schreckliche Nachricht. Deshalb dauert es oft Stunden, bis der Militärsprecher Grenzzwischenfälle bestätigt, bei denen es israelische Opfer gab. Gemäß einem ähnlichen Prinzip handelt auch die Polizei nach Autounfällen, denn am Ende wird der Name eines jeden israelischen Verkehrstoten in den Nachrichten veröffentlicht.

Im vorliegenden Fall der "verheimlichten Affäre" hat die Militärzensur erklärt, dass sie für die Nachrichtensperre keine Verantwortung trägt. Das "Schweigegebot" habe ein Richter verhängt, nicht die Zensur.

Problematisch ist tatsächlich die Leichtigkeit, mit der Richter Nachrichtensperren verhängen, nicht nur, um Opfer von Sexualverbrechen oder Minderjährige zu schützen.

So wurde im Zusammenhang mit dem Korruptionsprozess gegen den ehemaligen Premierminister Ehud Olmert augenzwinkernd berichtet, dass demnächst "eine sehr hohe Persönlichkeit" zwecks Verhörs in Haft genommen werden könnte. Es ist anzunehmen, dass es sich nicht um die zusammen mit Olmert angeklagte Sekretärin handelt... Der Name jener Persönlichkeit unterliegt auch einer Nachrichtensperre.

Von: Ulrich W. Sahm (Jerusalem)



08. April 2010

Buchbesprechung: Israel im Taschenformat


BONN (inn) - "Jetzt gibt es keine Ausrede mehr, sich vor einer Studienreise nach Israel nicht eingehend über den Staat Israel, seine Geschichte und die Vielfalt seiner Gesellschaft zu informieren." Das war nach Angaben von Gisela Dachs die Absicht der Bundeszentrale für Politische Bildung, als sie bei ihr, der "Zeit"-Korrespondentin in Israel, das 160 Seiten umfassende Büchlein "Israel kurzgefasst" in Auftrag gab.

Erfrischend neutral, mit vielen Informationen und gut beobachteten Details über die bunte israelische Gesellschaft liefert Dachs eine lebendige Kurzfassung der Politik, der Probleme und der inneren Auseinandersetzungen der Israelis. Die Autorin stellt den jüdischen Staat in den Mittelpunkt. Den Konflikt mit den Palästinensern und den arabischen Staaten streift sie natürlich, hat ihn aber nicht als vermeintlichen Kernpunkt der israelischen Existenz überproportional in den Vordergrund geschoben.

Dachs bietet dem Leser einen umfassenden Einblick in die zerrissene Seele der Israelis, in die Diskussionen um ihr Selbstverständnis und den Umgang mit dem Holocaust. Die Rolle der Frau in der Gesellschaft wie in der Armee wird historisch und aktuell ebenso angeschnitten wie Auseinandersetzungen um Wehrdienstverweigerung und Gewissensfragen beim Umgang mit Palästinensern an den Straßensperren. "Wie viel Geduld muss ein 18-jähriger Soldat am Checkpoint aufbringen, wenn sich ihm eine verdächtige Person nähert? Greift er zu früh zur Waffe, könnte er einen Unschuldigen treffen, greift er zu spät nach ihr, besteht die Gefahr, dass er sein eigenes Leben verliert."

Treffend formuliert sie in ihrer Analyse der von psychologischen Hemmungen überschatteten deutsch-israelischen Beziehungen: "Denn wo die Deutschen 'Nie wieder Krieg' rufen, heißt es bei den Israelis: 'Nie wieder schwach sein'."

Gegen Vorurteile und Klischees


In ihrer Nachbetrachtung stellt sie fest, dass sich die Medien überwiegend auf den Nahost-Konflikt beziehen und andere Aspekte des Lebens in Israel außer Acht lassen. "Nur haben die Israelis - im Gegensatz zu den Europäern heute - immer noch ganz reale Feinde. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass auch die schärfsten europäischen Kritiker eines israelischen Nationalstaats kein Problem mit der Forderung nach einem nationalen Palästinenserstaat haben." So rückt Dachs zu vielen Themen rund um Israel Klischees und Vorurteile zurecht.

Das Buch, komplett mit einem vorzüglichen Glossar und einem kurzen Wörterbuch, ist eine exzellente Lektüre zur Vorbereitung einer Israel-Reise, kann aber auch als Nachschlagewerk und handlicher Begleiter während der Reise gute Dienste leisten.

Gisela Dachs, Israel kurzgefasst, 160 Seiten, ISBN 978-3-8389-7024-0. Das Büchlein kann für einen Euro bei der BpB bestellt oder kostenfrei als pdf-Datei aus dem Internet heruntergeladen werden.

Von: U. Sahm



14. April 2010

Israel verbietet das iPad

JERUSALEM (inn) - Wer einen der neuen Computer "iPad" aus dem Hause Apple nach Israel einführen will, wird enttäuscht: Das israelische Kommunikationsministerium hat am Dienstag die Einfuhr des flachen Computers nach Israel verboten. Der Grund liegt im Übertragungsstandard für drahtloses Internet.

Wie die israelische Tageszeitung "Ha´aretz" am Mittwoch berichtet, hat das Ministerium keine Erlaubnis gegeben, iPads nach Israel einzuführen. Die Technik für das drahtlose Internet ist nicht kompatibel mit den israelischen Standards. Die derzeit in den USA verkauften iPad-Modelle nutzen US-Wifi-Standards, Israel orientiere sich jedoch an EU-Standards, die mit weniger Energieaufwand funktionierten.

Der Zoll ist angewiesen worden, die Tablet-Computer zu konfiszieren. Der Chef des Zolls am internationalen Flughafen Ben Gurion sagte am Dienstag, bislang seien 10 iPads beschlagnahmt worden.

Ein Israeli sagte gegenüber dem israelischen Wirtschaftsmagazin "TheMarker", sein iPad sei konfisziert worden, als er es ins Land bringen wollte. Ihm wurde gesagt, er müsse sich an das Kommunikationsministerium wenden, wenn er es zurückhaben wolle. Als er dort nachfragte, habe man ihm mitgeteilt: "Es ist verboten, iPads nach Israel zu bringen; schicken Sie es zurück ins Ausland." Derzeit befinde sich sein Gerät in einem Lagerhaus, und er müsse für jeden Tag bezahlen, an dem es sich weiter im Land befindet.

Von Apple liegt noch keine Stellungnahme vor. Israel gehört zu den am meisten technisch fortentwickelten Regionen des Nahen Ostens. Vor allem zahlreiche Software-Entwickler haben dort ihren Firmensitz.

Von: J. Schumacher


14. April 2010

Palästinensische Menschenrechtler fordern höhere Haftstrafen für "Ehrenmorde"

BEIT LAHIJA (inn) - Die Polizei in Beit Lahija im Gazastreifen sucht den Mörder einer 32-jährigen Frau, die "zum Erhalt der Ehre" einer palästinensischen Familie getötet wurde. Das "Palästinensische Zentrum für Menschenrechte" (PCHR) plädiert nun für höhere Haftstrafen, um Ehrenmörder abzuschrecken.

Scherin Kamis Sajed wurde mit mehreren Schusswunden im Kopf und im Oberkörper in das Krankenhaus "Märtyrer Kamal Udwan" eingeliefert. Dort konnten die Ärzte nur noch den Tod feststellen. Die Mutter von drei Kindern wurde Polizeiangaben zufolge von einem oder mehreren Familienmitgliedern getötet, berichtet die palästinensische Nachrichtenagentur "Ma´an".

Das PCHR fordert nun in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht die Erhöhung von Haftstrafen. Zudem wies es darauf hin, dass immer mehr Ehrenmorde an Frauen begangen würden. "Die geringen Haftstrafen ermuntern Mörder geradezu, da sie meist weniger als drei Jahre auf Bewährung bekommen oder ein Jahr in einer Strafanstalt verbringen."

Aus diesem Grund sollten Morde zur "Wiederherstellung der Familienehre" auf dieselbe Weise wie andere willkürliche Verbrechen behandelt werden, forderte die PCHR. "Viele Mörder nutzen den Familienmord aus, um für schwerwiegendere Verbrechen geringe Haftstrafen zu erhalten."

Von: A. Klotz



16. April 2010

Armee richtet interne E-Bay-Seite ein

JERUSALEM (inn) - Beim Streben nach Einsparungen beschreitet die israelische Armee ungewöhnliche Wege: Auf einer internen E-Bay-Seite können Armeeangehörige nun überzählige Ausrüstung kaufen und verkaufen. Das dadurch verdiente Geld fließt zurück in den Wehretat.

Die Idee stammt von dem israelischen Brigadegeneral Maharn Prosenfer. Die Seite wird auf einem internen Netzwerk freigeschaltet. "Das 'virtuelle Kaufhaus' ist nicht für die Außenwelt sichtbar", erklärte der General. Ausgenommen von der Versteigerung sind Waffen und Fahrzeuge.

"Dies kann uns Millionen von Schekel einsparen", betont Prosenfer. "Jedes Jahr geben wir 50 Milliarden Schekel aus. Vierzig Prozent davon fließen in das Personal und 20 Prozent dienen dazu, Nachschub an neuer Ausrüstung zu finanzieren. Ein Teil des Geldes kann gespart werden, indem wir das nutzen, was wir bereits haben."

Den Einheiten ist es erlaubt, gemäß ihrer Erfahrungen einen eigenen Preis festzulegen. Verkauft werden können Büroausstattung, Computersysteme, Kommunikationsmittel und Kleidung. "Es gibt einen Anreiz, die Seite zu benutzen, seitdem den Einheiten ein Extra-! Budget zur Verfügung gestellt wird", sagt Prosenfer.

Von: J.Weil


Hintergrund

19. April 2010

Obamas Amerika, der jüdische Staat und die islamische Welt


www.barackobama.com


Präsident Barack Hussein Obama steht unter enormem Druck. Daran zweifelt mittlerweile niemand mehr. "Yes, we can!" war der Slogan, unter dem er angetreten war, den kaum jemand öffentlich zu bezweifeln wagte und alle Welt bejubelte. Dann fing er an, zu zeigen, dass er "kann" und verkündete am 4. Juni 2009 in Kairo wortgewaltig einen Neuanfang zwischen den USA und der islamischen Welt.

"Ich bin Christ, aber mein Vater kam aus einer kenianischen Familie mit Generationen von Muslimen." Dieses persönliche Bekenntnis des US-Präsidenten wurde von frommen Muslimen wohlwollend zur Kenntnis genommen, als Schritt in die richtige Richtung. Die Behauptung, "Amerika ist nicht - und wird niemals - im Krieg mit dem Islam stehen!", wird indes ungläubig belächelt. Denn, dass "der Islam ein Teil Amerikas" ist, wie Obama auch in seiner Kairoer Rede vermerkte, reicht der islamischen Welt nicht. Amerika muss islamisch werden - und bis dahin gehört es zum "Dar al-Harb", zum "Haus des Krieges". Dass der "Islam eine stolze Tradition der Toleranz" hat, mag Barack Obama glauben - aber kaum ein gläubiger Muslim glaubt das.

So war einige Wochen nach dem Auftritt Obamas in Kairo die Verleihung des Friedensnobelpreises auch keine Anerkennung für errungene Verdienste. Spätestens seit Verleihung dieser Auszeichnung an Arafat & Co. weiß man sowieso, dass der Friedensnobelpreis nicht als Belohnung, sondern als Anreiz gedacht ist. Im Falle Obamas war es eher ein Tritt in den Hintern - wobei noch abzuwarten bleibt, ob dieser Stoß so stark war, dass der ehrwürdige Amtsinhaber auf die Nase fällt. Jedenfalls erhöhte die Entscheidung der Skandinavier den Druck auf den armen Mann im Weißen Haus.

Die Lösung des Nahostkonflikts ist eines der hehren Ziele Barack Obamas. Um das zu erreichen, muss er selbst Druck auf die Kontrahenten ausüben, denn im Morgenland glaubt schon lange niemand mehr an einen Frieden, mit dem alle Beteiligten zufrieden sein werden. In einer Umfrage der palästinensischen An-Nadschah-Universität in Nablus sprachen sich Anfang April mehr als zwei Drittel aller Palästinenser gegen einen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967 aus. Drei Viertel sind nicht bereit, Jerusalem als Hauptstadt mit Israel zu teilen. Innert drei Jahren sollte ein unabhängiges Palästina entstehen, so die Vorstellung des US-Präsidenten. "Dieser Zeitrahmen entspricht den politischen Gegebenheiten in den USA", beobachtet Eitan Gilboa vom israelischen Nachrichtendienst y-net, "aber nicht den real existierenden Bedingungen vor Ort."

Nur Netanjahu reagierte auf Forderungen


Obama richtete seine Forderungen ursprünglich an Israel, die Palästinenser und pro-amerikanische Araber. Lediglich der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu reagierte, indem er im Juni 2009 die Zwei-Staaten-Lösung offiziell unterstrich, zum Ende des vergangenen Jahres ein 10-monatiges Siedlungsmoratorium für die Westbank verkündete und spürbar Straßensperren in den Palästinensergebieten abbaute. Dafür war er dann auch der einzige, der von der Obama-Administration kritisiert wurde.

Die Verlautbarung der Genehmigung für den Bau der Wohnungen in Ramat Schlomo während des Besuchs des amerikanischen Vizepräsidenten Joe Biden im März 2010 wäre eigentlich reine Formsache gewesen, wurde aber als willkommene Gelegenheit zur rechten Zeit genutzt, um politische Ziele zu erreichen. Nicht nur der erklärte Israel- und Netanjahu-Freund Biden bekam einen Nasenstüber, sondern der allseits unbeliebte Netanjahu auch eine Vorladung nach Washington. Dort forderte Obama in einem 11-Punkte-Plan einen totalen Baustopp, inklusive Jerusalem, die Freilassung von palästinensischen Sicherheitsgefangenen, Verpflichtungen für die Kerndiskussionspunkte - Siedlungen, Grenzen, Jerusalem und Flüchtlinge - bereits vor Beginn der Verhandlungen mit den Palästinensern und die Festlegung auf einen Zeitplan.

Palästinenser beachten Grundsätze des Feilschens


Die Araber schlossen folgerichtig, dass sich Warten lohnt. Auf dem orientalischen Basar wird um den Preis gehandelt. So war das seit jeher. Solange die Amerikaner von den Israelis fordern und diese darauf eingehen, wird das Ausgangsangebot der Israelis für die Direktverhandlungen nur gedrückt. Insofern wären die Palästinenser nach gemeinhin anerkannten orientalischen Feilschgrundsätzen nur dumm, würden sie jetzt in die Verhandlungen einsteigen. Deshalb weigerte sich die Palästinensische Autonomiebehörde, mit der israelischen Regierung zu verhandeln und stellte zusätzliche Bedingungen. Dabei hätte auch Obama auffallen müssen, dass sich der palästinensische Präsident Mahmud Abbas mit dem israelischen Regierungschef Ehud Olmert alle paar Wochen getroffen hatte, um ihn herzlich vor laufenden Kameras zu umarmen - obwohl dieser fröhlich Siedlungen und Straßensperren baute. Netanjahu dagegen hat Abbas noch kein einziges Mal auch nur die Hand drücken dürfen.

Der dynamische US-Präsident möchte Israelis und Palästinensern einen Zeitplan und eine Verhandlungslösung aufzwingen, bemüht sich dazu, unter Druck zu setzen, wen er unter Druck setzen kann, leidet dabei aber ganz offensichtlich unter einem gewissen Realitätsverlust. Das wurde in der zweiten Aprilwoche deutlich, als die Palästinenser in ihrer Begeisterung über den amerikanischen Kurswechsel den Bogen überspannten. Sie protestierten gegen den Wiederaufbau der Hurva-Synagoge im jüdischen Viertel der Jerusalemer Altstadt - ganz offensichtlich einer israelischen Bautätigkeit in Ostjerusalem. Die Hurva-Synagoge war 1948 von den Jordaniern gesprengt worden, nachdem alle jüdischen Bewohner der Altstadt vertrieben worden waren. Deshalb sah sich das US-Außenministerium gezwungen, die Palästinensische Autonomiebehörde zurechtzuweisen: Eine Leugnung des jüdischen Erbes und der Verbindungen zu Jerusalem unterminiere das Vertrauen, das für substantielle und produktive! israelisch-palästinensische Verhandlungen nötig sei.

Der israelische Botschafter in Washington, Michael Oren, diagnostizierte den israelisch-amerikanischen Beziehungen ein 35-Jahre-Tief. Ed Koch, von 1978 bis 1990 Bürgermeister von New York, beklagt, dass die israelisch-amerikanischen Beziehungen nie mehr dieselben sein werden. Er wirft seinem Präsidenten, den er bei den letzten Wahlen unterstützt hat, vor, sich der islamischen Welt anzubiedern. "Ich glaube, Präsident Obama will eine neue Beziehung mit arabischen Staaten wie Saudi-Arabien, Jordanien, Ägypten und dem Irak gegen den Iran aufbauen", glaubt der jüdische Politiker, und er sei dafür bereit, Israel zu opfern. Israels ehemaliger Botschafter bei den Vereinten Nationen, Dore Gold, fragt: "Sind die gegenwärtigen Meinungsunterschiede zwischen den beiden Ländern so tief, dass sich die langfristige Beziehung verändern wird?" Jüngste Umfragen beweisen, dass eine überwältigende Mehrheit der Israelis jeden Versuch des US-Präsidenten, ihn! en ein Endstatusabkommen mit den Palästinensern aufzuzwingen, entschieden zurückweist.

"Starkes, sicheres Israel ist ein Kapital"


Die israelisch-amerikanischen Beziehungen sind keineswegs nur einseitig. Darüber ist man sich vielleicht mehr in Amerika als in Israel im Klaren. So meldeten sich schon Anfang April 327 Abgeordnete des US-Kongresses in einem Brief zu Wort, die "öffentlichen Spannungen" zwischen den USA und Israel "förderten die Interessen" keines der beiden Länder. Ein paar Tage später stimmten 50 pensionierte US-Generäle und -Admiräle dem zu: "Ein starkes, sicheres Israel ist ein Kapital, auf das sich amerikanische Militärplaner und Politiker verlassen können." Zudem melden sich einschlägige Stimmen zu Wort, diese Situation biete Israel die Chance, einem US-Einfluss, der nur schlecht für Israel sei, Einhalt zu gebieten.

Israel steht auch nicht ohne Alternativen da - wenngleich die Vereinigten Staaten fraglos ideologisch und im Blick auf die Interessenlage dem jüdischen Staat am nächsten stehen. Doch das war nicht immer so. Sowohl die Regierungen Roosevelts als auch Trumans hatten sich vor der Staatsgründung Israels im Blick auf amerikanische Interessen in der arabischen Welt gegen eine Intervention in Palästina auf Seiten der Juden ausgesprochen. In der zweiten Hälfte der 1940er Jahre war dann auch nicht etwa Amerika die treibende Kraft bei der Staatsgründung Israels, sondern die Sowjetunion - die als erstes Land den Staat Israel de facto und de jure schon im Mai 1948 anerkannten. Die USA ließen sich für die de jure- Anerkennung noch bis zum Januar 1949 Zeit. Auch war die Sowjetunion der treibende Motor hinter den Existenz rettenden Waffenlieferungen der Tschechoslowakei an Israel während dessen Unabhängigkeitskrieges.

In den 1950er Jahren kam weit mehr Wirtschaftsunterstützung aus Deutschland als aus den USA. Hauptwaffenlieferant war Frankreich. Während der Suezkrise standen die USA und die Sowjetunion auf Seiten Ägyptens, während Israel von Großbritannien und Frankreich unterstützt wurde. Unter Präsident Nixon hatten sich die Vereinigten Staaten nicht einmal bei UNO-Resolutionen gegen Israel der Stimme enthalten, geschweige denn ein Veto eingelegt. Bemerkenswerterweise lässt sich zwischen den USA und Israel auch keine humanitäre Lösung für den israelischen Spion Jonathan Pollard finden, der immerhin seit November 1985 in einem amerikanischen Gefängnis sitzt.

Lieberman knüpft neue Kontakte


Auffällig ist, dass der im Westen wenig beliebte Außenminister Lieberman in den vergangenen Wochen und Monaten keineswegs tatenlos war, während sich Premierminister Netanjahu und Verteidigungsminister Barak um die USA bemühten. Avigdor Lieberman stammt - wie übrigens mindestens jeder sechste Israeli - aus Russland und ist dort dieser Tage erstaunlich viel unterwegs. Bemerkenswert ist auch, dass just zu der Zeit, als Netanjahu Mitte März in Washington war, der chinesische Vizepremier Hui Liangyu Israel besuchte. Im Rückblick auf die vergangenen zwei Jahrzehnte kommen diverse Rüstungsgeschäfte in den Sinn, die Israel mit China abgeschlossen hatte - und auf Wunsch der Amerikaner wieder stornierte. Mitte der 1990er Jahre ging es um die Pläne für den Lavi-Kampfjet, dann um das amerikanische Falcon-Flugzeug oder Luft-Luft-Raketen und Ende 2004 um die Wartung von unbemannten Luftfahrzeugen.

Dore Gold zählt eine Reihe von israelisch-amerikanischen Krisen auf und kommt optimistisch zu dem Schluss: "Wir haben uns jedes Mal erholt." Die strategischen Gegebenheiten hätten jedes Mal beide Länder dazu geführt, sich auf ihre gemeinsamen Interessen zu besinnen und ihre Differenzen zu überwinden. Barack Obama kann also weiter meinen zu können - oder rechtzeitig feststellen, dass auch ihm die politischen Felle davonschwimmen könnten. Tatsache ist jedenfalls, dass das, was von einem Friedensprozess noch übrig geblieben war, seit Obamas Amtsantritt vollends in sich zusammengebrochen ist. Selbst der Optimist Gold kann sich nicht vorstellen, dass sich Israel von Obama Grenzen aufzwingen lässt, die nicht verteidigt werden können, Jerusalem teilt und die Heiligen Stätten unter palästinensische Hoheit abtritt. Insofern ist es ein positives Zeichen, wenn sich Präsident Obama Mitte April pessimistisch über den "diplomatischen Prozess" äußert! e und festzustellen glaubt, man könne der Palästinensischen Nationalbehörde und Israel ein Abkommen nicht aufzwingen.



Von: Johannes Gerloff (Jerusalem)




20. April 2010

"Israels Vernichtung ist Grundlage des iranischen Gesetzes“


JERUSALEM (inn) - Juden im heutigen Israel werden seit den Anfängen des Zionismus mit Terror konfrontiert. Dies sagte der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu am Montagnachmittag bei einer Gedenkfeier für die Opfer von Anschlägen und Angriffen.

"Der Terror ist kein neues Phänomen, er begleitet uns seit den ersten Tagen des Zionismus, seit die jüdische Besiedlung in Eretz Israel am Ende des 19. Jahrhunderts erneuert wurde", so Netanjahu bei der Zeremonie auf dem Jerusalemer Herzlberg. Den Geist des Terrors bestimmten heute "extremistische islamische Regime, an ihrer Spitze der Iran, die den Aufruf zur Vernichtung Israels zur Grundlage ihres Gesetzes gemacht haben".

Die Terrorgruppen "verachten entschieden die Werte und Gesetze in der menschlichen und aufgeklärten Welt", fügte Netanjahu hinzu. "Schon vier Jahre halten sie den entführten Soldaten Gilad Schalit fest. Wir werden nicht aufhören, tätig zu sein, um ihn wieder nach Hause zu holen, und ich sage seinen Entführern und den Führern: Bringt Gilad Schalit zurück. Israels Hand ist jedem zum Frieden ausgestreckt, der mit uns in Frieden leben will, aber wer uns Böses will und unsere Kinder tötet, den werden wir an jedem Ort verfolgen und den Preis für seinen Hass und seine Verbrechen von ihm einfordern."

An der Gedenkstunde nahmen neben Angehörigen von Gefallenen der israelische Staatspräsident Schimon Peres und Knesset-Sprecher Reuven Rivlin teil. Zudem fanden auf Militärfriedhöfen im ganzen Land Trauerfeiern statt. Dabei vertraten Minister und andere Politiker die israelische Regierung, wie die Tageszeitung "Jediot Aharonot" berichtet. Anlass war der Gedenktag für die Gefallenen und Terror-Opfer, Jom HaSikaron. Dieser ging mit Sonnenuntergang nahtlos in den 62. Unabhängigkeitstag (Jom Ha´Atzmaut) über, der am heutigen Dienstag gefeiert wird.

Von: E. Hausen


Hintergrund

21. April 2010

Völkerverständigung einmal ganz anders


Es sind nicht nur Siedlungen und Grenzfragen, die dem Frieden in Nahost im Weg stehen. Entscheidender ist die gegenseitige Wahrnehmung von Israelis und Palästinensern, mangelndes Wissen übereinander und eine Weigerung, die Traumata und Empfindungen der jeweils anderen Seite zu sehen und zu respektieren.

Henning Niederhoff kam 1996 als Leiter der neu gegründeten Filiale der Adenauer Stiftung in den palästinensischen Autonomiegebieten nach Ramallah. Er erkannte, dass eine Völkerverständigung nicht funktionieren könne, solange die Palästinenser vom Holocaust nichts hören wollen, und die Israelis die palästinensische Tragödie der Flucht und Vertreibung 1948 für propagandistische Übertreibung halten.

Niederhoff, dessen Familie nach dem Krieg aus Mecklenburg in das niedersächsische Lüneburg geflüchtet ist, beschreibt offen, wie seine Familie und die Stadt Lüneburg, in der Nähe des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen-Belsen, mit der eigenen Vergangenheit umgingen. Die Zerstörung eines Lüneburger Museums durch britische Bomben wurde betrauert, der Tod von 400 KZ-Häftlingen, in Güterwagen zusammengepfercht auf einem Gleis des Bahnhofs, wurde ausgeblendet. "Wenn wir unsere Flüchtlinge so beh! andelt hätten, wie die arabische Welt die Palästinenser, würdest Du heute noch im Flüchtlingslager leben", zitiert Niederhoff seinen Vater.

In Ramallah angekommen, fasste Niederhoff den delikaten Beschluss, heimlich und auf eigene Initiative Palästinenser gemeinsam mit Israelis zur Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem zu bringen. Für seine palästinensischen Freunde war das eine ungeheuerliche Zumutung: Nicht wegen der vermeintlichen israelischen Instrumentalisierung des Holocaust, sich als Opfer eines Völkermordes darzustellen, obgleich es den doch in Wirklichkeit gar nicht in dem Ausmaß gegeben hat, sondern weil manche der von Niederhoff angesprochenen Palästinenser glaubten, dass jene weltberühmte israelische Gedenkstätte über den Ruinen des Dorfes Deir Jassin errichtet worden sei, wo die Israelis 1948 ein Massaker an mindestens 200 Arabern verübt hatten. Sie wussten nicht, dass Deir Jassin fünf Kilometer weit entfernt liegt. In den verlassenen arabischen Häu! sern ist heute eine psychiatrische Klinik untergebracht, wo Pa! tienten behandelt werden, die dem "Jerusalem-Syndrom" verfallen sind.

Eine faszinierende Brücke geschlagen


Bei einem Mittagessen, nach einem Besuch in Yad Vashem, entstand die Idee, auch verlassene und teilweise zerstörte arabische Dörfer gemeinsam zu besuchen. Mit viel Fingerspitzengefühl und im Wortlaut wiedergegebenen Gedanken, Vorbehalten, Verständnislosigkeit und gutem Willen seiner israelischen wie palästinensischen Freunde, gelang es ausgerechnet einem Deutschen, eine faszinierende Brücke für die Zukunft zu schlagen.

In seinem Buch "Trialog in Yad Vashem" lässt Niederhoff seine Freunde zu Wort kommen, nicht separat in getrennten Interviews, sondern nebeneinander, jeweils zu den Themen, die dem ehemaligen Chefredakteur der "Jerusalem Post", Ari Radt, dem ehemaligen Sprecher der palästinensischen Bir Seit-Universität Albert Aghazarian, dem frommen israelischen Terrorexperten Schlomo Shpiro, dem palä! stinensischen Journalisten Sami Kamal und anderen Teilnehmern am Herzen lagen. Selbst deren Biografien sind unzertrennlich verwoben, wie es Niederhoff mit stilistischen Mitteln meisterhaft darstellte. Der Autor hat einen fundamentalen Aspekt des Nahostkonflikts angerührt, der meistens ausgeblendet wird, doch ohne den Israelis und Palästinenser, Juden und Araber einander nicht näher kommen können.

Henning Niederhoff: Trialog in Yad Vashem. Palästinenser, Israelis und Deutsche im Gespräch, Lit Verlag Berlin, 2. Auflage 2010, 224 Seiten, 14,90 Euro.

Von: Ulrich W. Sahm (Jerusalem)


22. April 2010

Israeli prangert Verletzung der Privatrechte durch Google an

WASHINGTON (inn) - Ein Vertreter des israelischen Justizministeriums hat die Betreiber der Suchmaschine Google dazu aufgerufen, die Privatsphäre ihrer Nutzer zu respektieren. Der Israeli ist einer von zehn weltweiten Datenschutzbeauftragten, die den Brief unterzeichnet haben. Adressat ist der Google-Geschäftsführer Eric Schmidt.

Im Rahmen einer Pressekonferenz in Washington wurde vor allem das jüngste Produkt der Firma "Google Buzz" scharf kritisiert. Die Unterzeichner kommen aus Kanada, Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, den Niederlanden, Neuseeland, Spanien, Großbritannien und Israel. Für den jüdischen Staat hat der Leiter der Behörde für Gesetz, Information und Technologie des Justizministeriums, Joram Hacohen, unterzeichnet. In dem Brief bringen die Verfasser ihre Sorge zum Ausdruck, dass mit den Google-Produkten und technischen Applikationen, die Privatrechte der Nutzer übergangen werden.

Sie seien beunruhigt durch das neu geschaffene Angebot "Google Buzz", das eine enttäuschende Geringschätzung fundamentaler Privatrechte mit sich bringe, heißt es in dem Brief sinngemäß. Darüber hinaus sei es nicht der erste Vorfall des Unternehmens, bei dem die Privatrechte verletzt! würden.

Verständnis für schockierte Reaktionen der Nutzer


Im Fokus der Kritik steht neben "Google Buzz" auch das E-Mail-Programm "Google Mail". Das Unternehmen ergänze automatisch die Liste der "Follower" über die Personen, mit denen man über das Programm oft in Kontakt steht, ohne ausreichend darüber zu informieren, wie dies alles funktioniert. Dies verletze fundamentale Prinzipien, weil Menschen selbst über die Weitergabe ihrer persönlichen Daten entscheiden sollten.

Viele Nutzer seien aufgrund der Bedrohung ihrer Privatsphäre und der Sicherheit ihrer persönlichen Informationen verständlicherweise schockiert. Um das eigene Ansehen zu wahren und den Schaden gering zu halten, müsse Google reagieren. Im April seien alle "Google Buzz"-Nutzer nach öffentlichen Protesten aufgefordert worden, ihre privaten Informationen zu erneuern.

"Wir sind sehr besorgt darüber, dass ein ! Produkt mit solch signifikanten Problemen zu den Marktführern ! gehört. Wir hätten erwartet, dass eine Firma in dieser Größenordnung ein besseres Beispiel abgibt", endet der Brief. Hacohen und die anderen Unterzeichner hatten diesen im Rahmen einer jährlichen internationalen Konferenz in Washington verfasst, die sich mit Fragen der Privatsphäre in Netzwerken beschäftigt.

Von: J. Weil



Hintergrund

29. April 2010

Eklat bei Podiumsdiskussion über Antisemitismus


Eigentlich sollten am Dienstagabend drei Führungspersonen von deutschen Medien über den Umgang mit Israelkritik und Antisemitismus diskutieren. Dazu eingeladen hatte die Jüdische Gemeinde Berlin, angeregt durch einen Kommentar in der "tageszeitung" (taz) über "Auschwitz als Religion". Doch dann weigerte sich taz-Chefredakteurin Ines Pohl, ohne den Beistand der Verfasserin Iris Hefets auf dem Podium zu sitzen - und die Debatte wurde nur noch von zwei Journalisten geführt.

Zur Vorgeschichte: Die "taz" hatte den Kommentar der israelischen Autorin Anfang März unter dem Titel "Pilgerfahrt nach Auschwitz" veröffentlicht. Hefets kritisierte unter anderem, dass der israelkritische Amerikaner Norman Finkelstein von Vortragsveranstaltungen in Deutschland ausgeladen worden sei. Dieser behauptet in seinem Buch "Die Holocaust-Industrie", die Juden benutzten den Holocaust als Legitimierung für eine "verbrecherische Politik des Staates Israel". Neun Tage nach der Publikation des Kommentars erschien in der "taz" ein Beitrag des Historikers Alexander Hasgall, der Hefets' Thesen widerlegte.

Diese Meinungsäußerungen brachten die Jüdische Gemeinde dazu, Vertreter mehrerer führender Zeitungen zu einer Podiumsdiskussion in die Neue Synagoge in der Oranienburger Straße einzuladen: Pohl, den "Welt"-Herausgeber Thomas Schmid und den "Tagesspiegel"-Chefredakteur Stephan-Andreas Casdorff. Das genaue Thema lautete: "'Pilgerfahrt nach Auschwitz' - Zum Umgang deutscher Medien mit Erinnerungskultur, Israelkritik und Antisemitismus".

In ihrem Grußwort ging die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Lala Süsskind, auf Hefets' Ausführungen ein und wies darauf hin, dass der Kommentar in der "rechten Szene" auf Zustimmung gestoßen sei. Zudem seien die Thesen von einer "Auschwitz-Religion" nicht neu. Auch in Bezug auf die Sprache in dem Artikel stellte sie die Frage: "Können Juden das erzählen, was anderen als Antisemitismus ausgelegt würde?"

Aktivisten fordern Forum für Hefets


Nach dieser Einleitung standen mehrere Zuschauer auf, stellten sich als Israelis vor und forderten, dass die geschmähte Kommentatorin sprechen dürfe. Sie hielten Zettel mit der teils hebräischen, teils deutschen Aufschrift: "Wir sind alle Iris Hefets". Bereits vor dem Eingang zur Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße hatten Aktivisten den Besuchern der Veranstaltung Blätter der "Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost" in die Hand gedrückt. In dem Text wurde der Jüdischen Gemeinde vorgeworfen, Hefets kein Forum für eine Stellungnahme zu gewähren. Zu dem Verein gehört auch die Verfasserin des Kommentars.

Die Aktion der Israelis hob den Geräuschpegel im Saal deutlich, viele Zuschauer brüllten durcheinander. Nach Angaben des Veranstalters waren etwa 300 Menschen der Einladung zu der Podiumsdiskussion gefolgt. Mehrere Störer wurden vom Sicherheitspersonal nach draußen geleitet. Ines Pohl trat ans Mikrophon und schloss sich der Forderung an, dass Hefets neben ihr auf dem Podium Platz nehmen dürfe. Denn nicht nur der Artikel, auch die Autorin selbst sei mit Süsskinds Einführungsvortrag zum Gegenstand vehementer Anschuldigungen geworden. Nun müsse derselben doch die Möglichkeit gegeben werden, sich zu äußern. Das sei eine Frage der Demokratie.

Vorschläge, Hefets im Rahmen der Zuschauerfragen Zeit einzuräumen, drangen nicht durch. "Wenn der Wunsch, eine kritische Autorin zu Wort kommen zu lassen, so massiv angegriffen wird, muss ich leider gehen", sagte die Chefredakteurin. Nach Angaben der "taz" wurde Pohl im Rahmen der tumultartigen Debatte, die vor allem zwischen Podium und den ersten Reihen tobte, bespuckt und als Nazi beschimpft. Dies hat jedoch keiner der Vertreter der Jüdischen Gemeinde, die sich in der Nähe aufhielten, gehört. Sie verließ den Saal, und Moderator Thierry Chervel musste sein Konzept ändern.

Weitere Störung durch Zwischenrufe


Die erhoffte hitzige Debatte blieb nun - zumindest auf dem Podium - aus. Die sachlichen Ausführungen der verbliebenen Disputanten wurden allerdings immer wieder durch Zwischenrufe unterbrochen, in denen oft Unterstützung für Hefets oder Protest gegen sie zum Ausdruck kam.

Moderator Chervel äußerte zum Auftakt die Ansicht, dass die Kommentatorin keinen Anspruch darauf habe, auf der Bühne zu sprechen. Denn durch ihren Artikel habe sie sich bereits geäußert und zudem ihre Meinung an ein nicht-jüdisches Publikum weitergegeben. Also sei es nicht unfair, dass ihr kein Platz auf dem Podium eingeräumt werde, sagte der Chefredakteur des Online-Magazins "Perlentaucher". Er habe Pohl fragen wollen, warum die "taz" nicht selbst redaktionell Position bezogen, sondern einen Gastbeitrag veröffentlicht habe. Da sich die Zeitung bedauerlicherweise der Diskussion entzogen habe, könne er seine Fragen jetzt nur noch den beiden Kollegen stellen. Auch sie äußerten Bedauern darüber, dass ihre Diskussionspartnerin das Podium verlassen hatte.

Casdorff: "Kritik an Israel geschieht"


"Tagesspiegel"-Chefredakteur Casdorff sagte, kein Mensch habe ein Monopol auf die Wahrheit. Er verwies auf Wolfgang Benz, nach dem gemäßigte Kritik an Israel von Antisemitismus zu unterscheiden sei. Die These, wegen der "Auschwitz-Aura" sei keine Kritik an Israel möglich, bewertete er als falsch - denn es gebe kritische Berichte beispielsweise über den Gaza-Krieg oder die Siedlungen. Allerdings dürften Kritiker bestimmte Grenzen nicht überschreiten.

Casdorff verwies darauf, dass Israel die einzige Demokratie in der Region sei. "Es ist einer von zwei Staaten, die vom Untergang bedroht sind." Der andere, Tuvalu, befinde sich aufgrund des Klimawandels in Gefahr. Diese Tatsache müsse jeder anerkennen. Manche Ausdrücke, wie "Sonderbehandlung" oder "Ghetto", hätten in einem Bericht über Israel nichts zu suchen. "Da muss man als Presse aufpassen."

Schmid: "Fadenscheinige Inszenierung"


Der Herausgeber der "Welt", Schmid, betonte, dass der Veranstalter ein Recht habe, die Diskussionsteilnehmer zu bestimmen. Wer sich beteiligen wolle, könne dies vom Publikum aus tun. Er habe das Gefühl, Pohls Abgang sei in fadenscheiniger Weise "inszeniert " worden. Ihn hätte interessiert, warum die "taz"-Chefredakteurin den Artikel veröffentlicht hat.

Nach eigener Aussage beobachtet Schmid neue Formen des Antisemitismus. Wenn es in seiner Zeitung um Israels Existenzrecht gehe, sei die Tonlage in den Kommentaren der Leser schnell "im Keller". Umfragen zeigten viel Verständnis für Antisemitismus. In der Geschichte der BRD habe es lange gedauert, bis die Mehrheit verstand: "Die Schoah war ein großes Verbrechen." Auch jetzt gebe es die Tendenz einer Forderung, dass irgendwann Schluss sein müsse. Der Zeitpunkt dafür sei schlecht, weil die Zeitzeugen sterben. Nicht in Deutschland, aber in Ländern wie Frankreich oder Großbritannien, sei ein starker, islamisch geprägter Antisemitismus zu beobachten, fügte Schmid hinzu. Doch viele Vertreter der europäischen Politik befürchteten, sich mit einem Teil der Muslime in Europa anzulegen, wenn sie sich klar äußerten.

Der "Welt"-Herausgeber sagte, Israel habe Anlass, sich als Staat zu sehen, der von einem großen Teil der Nationen angefeindet sei. Dies habe sich beispielsweise in der "Durban"-Konferenz zum Rassismus gezeigt. Als einziger Staat der Region, in dem eine Regierung demokratisch gewählt werde, sei Israel wie ein Fremdköper. Wenn Finkelstein die israelische Armee mit der Gestapo gleichsetze, sei das Motiv unklar. Eine seriöse Diskussion sei auf diese Weise jedoch nicht möglich. Infolge des Holocaust sei der Staat den Israelis ungeheuer kostbar und etwas, das verteidigt werden müsse. Denn sie wollten nicht mehr Opfer sein.

Sachliche Beiträge aus dem Publikum


Nach den Tumulten waren die Diskussionsbeiträge aus dem Publikum erstaunlich sachlich und wurden ruhig vorgetragen. So meldete sich eine Journalistin zu Wort, die zwei Jahre als Korrespondentin in Israel tätig war. Sie habe aber auch schon auf dem Balkan oder in anderen Krisengebieten gearbeitet. Über den Verlauf des Abends sei sie erschüttert, habe sie doch Vergleichbares nie im Zusammenhang mit den anderen Ländern ihrer Tätigkeit erlebt. Sie sprach sich für eine "entideologisierte Diskussion" auf beiden Seiten aus.

Eine freie Autorin gab zu bedenken, dass man über einen veröffentlichten Text in der Öffentlichkeit reden dürfe. Für die Forderung, die Autorin einzuladen, bestehe kein Anlass. Auch habe niemand gefordert, dass der Kommentar eingestampft wird. Die Stimmung in der Anfangsphase der Veranstaltung habe sie an den "Linksfaschismus der 70er Jahre" erinnert, die Deeskalation sei ein Zeichen für einen "real existierenden Fortschritt".

"Iran droht Israel"


Zum Abschluss warnte "Tagesspiegel"-Chefredakteur Casdorff davor, Fakten zur Meinung zu machen. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad drohe Israel seit vier Jahren, hinzu kämen Hamas und Hisbollah. Das Ergebnis sei die Wahl Benjamin Netanjahus zum israelischen Regierungschef. Den Goldstone-Bericht über die Offensive "Gegossenes Blei" solle man ernst nehmen. Zum Thema Antisemitismus warb Casdorff für eine Definition, die an die Zuschauer verteilt worden war. Sie findet sich im Internet. Sein Fazit zu der Podiumsdiskussion: "Ich bin heute kein Stück weitergekommen."

"Welt"-Herausgeber Schmid hielt fest, dass die Auseinandersetzung mit der Leserschaft über Israel oft unerfreulich sei. In vielen Beiträgen drehe sich das Verhältnis Aggressor-Angegriffener. Gegen die Behauptung, dass Israel der eigentliche Aggressor in der Region sei, müsse man etwas tun. Denn Israel sei "eingemauert in nicht-demokratische Staaten". Der Iran habe eine aggressive Politik der Vernichtung Israels im Visier. Als bedrohter Staat habe es das Recht, die eigene Identität zu verteidigen. Die Hamas wolle Israel nicht anerkennen, sondern vernichten. Nach Schmids Empfinden "ist eine Diskussion nicht möglich, die auch nur annähernd mit der Wirklichkeit übereinstimmt".

Moderator Chervel zog den Schluss, dass im Fall dieser "amputierten Debatte" der Riss nicht zwischen "Opfern und Tätern" verlaufen sei, sondern innerhalb. Das sehe er als ermutigendes Zeichen. Bleibt zu hoffen, dass in Zukunft niveauvolle und gelassene Diskussionsteilnehmer bei ähnlichen Themen die Oberhand behalten werden.

Von: Elisabeth Hausen


28. April 2010

Palästinensische Mädchen erfinden elektronischen Blindenstock

RAMALLAH (inn) - Drei Mädchen aus dem Westjordanland haben einen speziellen Stock für Blinde konstruiert, der vor Löchern und Hindernissen auf dem Gehweg warnt. Die technische Bastelei hat den dreien einen Flug zu einer Ingenieursmesse im kalifornischen San Jose eingebracht.

Die 14-jährige Asil Abu Lil habe ihre Tante und Onkel beobachtet, die blind sind, berichtet die israelische Tageszeitung "Ha´aretz" unter Berufung auf einen Bericht von "Associated Press". Sie hätten Schwierigkeiten gehabt, Unebenheiten auf den schmalen Bürgersteigen ihres Dorfes zu umgehen. Da beschloss das Mädchen, einen speziellen Blindenstock zu erfinden.

Asil und zwei Klassenkameradinnen bauten für ein Schulprojekt ein Gerät, das Hindernisse auf dem Gehweg entdeckt. Der Gehstock der 14-jährigen Mädchen gibt Töne von sich, wenn ein Hindernis auf dem Weg liegt. Am Stock sind zwei Infrarot-Sensoren befestigt. Der eine ist nach unten, der andere nach vorne gerichtet. Die Schülerinnen einer Mädchenschule der Vereinten Nationen haben zwei Prototypen gebaut, nachdem sie mehrmals ins 45 Minuten entfernt gelegene Ramallah gelaufen waren. Dort kauften sie die nötigen elektronischen Bauteile.

Bereits in den frühen 70er Jahren wurden Gehstöcke mit Lasersensoren gebaut, doch den Mädchen gelang es, die Probleme dieser früheren Modelle auszumerzen. Ihre Erfindung kann Löcher im Boden entdecken, wie der Direktor der Technikabteilung der Amerikanischen Blinden-Vereinigung erklärte.

Ihre Idee brachte ihnen nun eine Reise nach San Jose in Kalifornien ein. Dort veranstaltet die Computerfirma Intel eine internationale Messe für junge Erfinder. Die drei Mädchen sind die ersten palästinensischen Teilnehmer der Messe. "Natürlich gehe ich gerne nach Amerika", sagte Asil. Ihr Projekt sei wichtig für blinde Menschen, denn ihr Gerät könne für sie eine große Hilfe sein. Schüler aus über 50 Ländern werden an der Internationalen WIssenschafts- und Ingenieursmesse im kommenden Monat teilnehmen. Dem Sieger winkt ein Hauptpreis, der mit 75.000 US-Dollar dotiert ist.

Die Vereinten Nationen unterhalten Schulen für mehr als eine Viertelmillion Kinder in Gaza und im Westjordanland. "Diese Mädchen sind die Alber Einsteins von morgen", sagte Chris Gunness, Sprecher des UN-Hilfswerkes für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA). "Wir müssen der kommenden Generation rationales Denken beibringen, damit sie Probleme lösen und darüber reden kann. Das ist ein Mikrokosmos des Friedensprozesses, wenn man so will, und wir sollten Zeit und Geld für Bildung investieren, denn davon profitieren wir in der Zukunft."

Die Mädchen setzten sich gegen Dutzende andere Bewerber aus dem Westjordanland durch. Es gab dann allerdings noch ein Problem, so der Bericht: das Geld reichte nur für Flugtickets für zwei der drei Mädchen. Sie losten aus, und dabei verlor Asil, so dass sie zu Hause bleiben musste. Als Mitarbeiter der Vereinten Nationen davon erfuhren, stellten sie vergangene Woche Geld für ein drittes Flugticket bereit. Als Asil davon am Montag erfuhr, sei sie in Tränen ausgebrochen, berichtet die Nachrichtenagentur. "Selbst wenn ich alt bin, werde ich mich immer an diese Zeit erinnern", sagte Asil.

Von: J. Schumacher


11. Mai 2010

Hummus-Krieg in Nahost: Libanesen schlagen zurück


Juden und Araber im Nahen Osten streiten sich um das Privileg, die beliebte Speise Hummus erfunden zu haben. In dem offenen Schlagabtausch haben nach einer israelischen Dreistigkeit nun wieder die Libanesen die Oberhand - vorübergehend.

Die erste Provokation ging vom Libanon aus. Das Land der Zedern löste einen verbitterten Krieg aus, den Israel gemäß dem biblischen Prinzip "Auge um Auge" unter der Leitung des jüdischen Rachegottes mit massiver Vergeltung erwiderte. Anstatt gemäß dem vermeintlichen christlichen Prinzip der von Jesus angeblich erfundenen Nächstenliebe die andere Wange hinzuhalten, schossen die Libanesen gleich mit doppeltem Kaliber zurück. 300 libanesische Experten bedienten sich einfacher Mörser, um den Israelis eine Breitseite mit einem Gewicht von ganzen zehn Tonnen entgegen zu schleudern.

Bei diesem jüngsten nahöstlichen Schlagabtausch gab es keine menschlichen Verluste, wenn man von Bauchschmerzen und erheblichen Blähungen mal absieht. In diesem mit allem Ernst ausgetragenen Krieg geht es um die nationale Ehre der Libanesen und um das nationale Kulturerbe der Juden. Die Juden führen ihre Ansprüche bekanntlich auf die Bibel zurück.

Pazifisten empfehlen direkte Verhandlungen


Für Außenstehende wirkt dieser Krieg eher lächerlich. "Das ist doch wahrhaft zum Kichern", sagte ein pazifistischer Deutscher, der trotz seiner Vergangenheit keinerlei Verständnis für die leidenschaftliche nationalistische Konfrontationen zwischen Libanesen und Israelis aufbrachte. "Es muss doch eine Lösung geben", sagte der Deutsche und empfahl Israelis und Libanesen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen und einen Kompromiss zu finden. An dieser Stelle mischten sich die Palästinenser ein und empfahlen, anstelle von libanesischem Nationalstolz und fragwürdigen israelischen Ansprüchen aufgrund biblischer Verse, den Konflikt entsprechend den Grenzen des Saladin zu lösen. Jener Kurde befreite das Heilige Land von den Kreuzfahrern und schuf nachweislich die völkerrechtliche Legitimation für die palästinensischen Ansprüche.

Die Palästinenser haben schon in Kairo bei der WFO, der Welternährungsorganisation der UNO, Einspruch gegen den israelischen Diebstahl ihres nationalen Kulturguts eingelegt. Der Libanon wandte sich an die UNO, um gegen israelischen Imperialismus zu protestieren, der dem Libanon vor allem in britischen Supermärkten wirtschaftlichen Schaden in Millionenhöhe verursachte.

Bislang mischten sich trotz einer spürbaren Eskalation weder Amerikaner noch die EU als Vermittler in diesen neuen Streitapfel des Nahen Osten ein. Im Mittelpunkt steht die Kichererbse. In der Bibel heißt sie "Himza", woraus das heutige Hummus im Hebräischen wie im Arabischen abgeleitet wird. Heimisch ist sie angeblich in der Türkei. Trotz einer Annäherung an den Iran hat Premierminister Recep Tayyip Erdogan diesen einwandfreien israelischen Verstoß gegen Menschen-, Kultur- und Völkerrechte anderer Nationen noch nicht zum Anlass genommen, gegen Israel zu hetzen.

Die Palästinenser behaupten, dass der große Eroberer Saladin auf die Idee kam, die getrocknete Kichererbse einzuweichen und dann mit Sesampaste, Knoblauch, Olivenöl, Salz und geheimen Zutaten im Mörser zu stampfen, um daraus ein Frühstück zu schaffen, das wie ein Betonklotz im Magen liegt.

Vermutlich illegal von Israelis angeeignet


Nachdem die Israelis, flink und kreativ, wie sie nun einmal sind, die libanesisch-palästinensische Nationalspeise für sich beanspruchten, industriell (wahrscheinlich in illegalen Siedlungen) pantschten, in Plastikbehälter abfüllten und gewinnbringend als "made in Israel" in britischen Supermärkten verkauften, beschlossen die Libanesen, dieser israelischen Aggression mit einem Weltrekord zu begegnen. In einer irdenen Schüssel rührten sie eine ganze Tonne Hummus-Paste zusammen und ließen sich von einem Briten im Nadelstreifenanzug ihren Weltrekord im "Guinness Buch der Weltrekorde" bestätigen.

Die Israelis reagierten typisch aggressiv mit einem Vergeltungsschlag. Im arabischen Tscherkessendorf Abu Gosch nahe Jerusalem liehen sie sich von der benachbarten Fernsehzentrale eine riesige Satellitenschüssel aus und füllten diese mit zwei Tonnen Kichererbsenbrei. Der Brite im Nadelstreifenanzug bestätigte den neuen Weltrekord der arabisch-israelischen Köche und lobt sogar den guten Geschmack des Hummus.

Daraufhin redeten die Libanesen von einer jüdischen Weltverschwörung und beschlossen, den Staat Israel mit einem weiteren Weltrekord außer Gefecht zu setzen. In der größten irdenen Schüssel der Weltgeschichte rührten am vergangenen Wochenende 300 libanesische Köche zehn Tonnen Hummus in "selbstgebastelten" Mörsern. Zusätzlich und vorsorglich schufen sie mit Kichererbsen und grünen Kräutern mit der Hand oder maschinell geformte Felafel-Bälle. Die haben sie ohne Rücksicht auf die Umwelt in Hunderten Litern Öl fettgebacken und mit einer Baumaschine in eine zweite Schüssel gefüllt. Rechtsgerichtete israelische Politiker bezichtigten die Libanesen schon der Beeinträchtigung des Flugverkehrs mit einer stinkenden und fettigen Rauchwolke, obgleich israelische Wetterfrösche versicherten, dass nicht libanesischer Ölqualm, sondern isländische Vulkanasche die Jetmotoren der EL AL-Maschinen verschmiere.

Arabische Welt befürchtet neue Erniedrigung


Jetzt bangt die ganze arabische Welt, ob die Juden auf ihrer Vormachtstellung in Nahost bestehen und einen noch größeren Hummus produzieren, nur um erneut die Araber zu erniedrigen und den Palästinensern zu zeigen, dass nicht Saladin Urheberrechte anmelden könne, sondern dass die Bibel dem auserwählten Volk den Hummus als Nationalgericht in die Wiege gelegt habe. Die rechtsradikale israelische Regierung forderte von Archäologen der Altertumsbehörde, künftig nicht mehr verkohlte Olivenkerne zur Bestimmung des Alters von Gemäuern aus der Zeit des Königs David zu verwenden, sondern sich auf die Suche nach Kichererbsen zu machen.

Von: Ulrich W. Sahm (Jerusalem)



11. Mai 2010

Türke wegen "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit" festgenommen

JERUSALEM (inn) - Ein türkischer Staatsbürger befindet sich seit zwei Wochen wegen Terrorverdachts in israelischer Untersuchungshaft. Er gehört einer pro-palästinensischen Gruppierung an, die in Israel verboten ist. Dies teilte der Inlandsgeheimdienst "Schabak" am Montag mit.

Bei dem Verdächtigen handelt es sich um Izzet Sahin. Er ist im vergangenen November nach Israel eingereist und wurde am 27. April festgenommen, als er sich auf dem Weg von Bethlehem nach Jerusalem befand. Der Türke ist Mitglied der islamischen und pro-palästinensischen Menschenrechtsgruppe IHH, wie die Tageszeitung "Jediot Aharonot" meldet.

"Er ist verdächtigt, für IHH in Judäa und Samaria aktiv gewesen zu sein", sagte eine Schabak-Sprecherin der Nachrichtenagentur Reuters. "Dies ist eine Gruppe, die Israel 2008 verboten hat. Im Zusammenhang mit diesen Aktivitäten hat er verschiedenen gesetzlich verbotenen Organisationen in Judäa und Samaria geholfen. Er wurde festgenommen, weil er im Verdacht steht, die öffentliche Sicherheit zu gefährden." Sahins Untersuchungshaft sei bis zum 13. Mai verlängert worden.

Nach Angaben von IHH lebte der Türke seit dem 28. November im Westjordanland. Er sei an der Hebräischen Universität in Jerusalem als Student eingeschrieben. Die Organisation hat sich in der Vergangenheit unter anderem an Hilfstransporten in den Gazastreifen beteiligt.

Von: E. Hausen

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