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letzte Änderung 06.10.2009
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Ist Ahmadinedschad jüdischer Abstammung?

05. Oktober 2009

Ist Ahmadinedschad jüdischer Abstammung?

TEHERAN (inn) - Israelische und britische Medien haben berichtet, der iranische Präsident Mahmud Ahamadinedschad stamme aus einer jüdischen Familie, die erst später zum Islam konvertiert sei. Das Dementi kam sofort. Der israelische Iran-Experte Menasche Amir bezeichnete die Vorwürfe als Teil einer "üblen verlogenen Kampagne". Amir ist Redakteur beim israelischen Rundfunk und sendet täglich auf Persisch in den Iran.

Losgetreten wurde die Debatte um die Abstammung des Präsidenten eigentlich durch einen Internetbeitrag von Mehdi Chasali, Sohn des konservativen Ajatollah Chasali. Dieser hatte auf seiner Homepage im Januar die Behauptung verbreitet, die daraufhin von verschiedenen Internet-Bloggern aufgegriffen wurde. Am Wochenende hatte sich mit dem "Daily Telegraph" erstmals eine angesehene Zeitung mit dem Thema befasst und sich dabei auf Pressefotos berufen, auf denen Ahmadinedschads vergrößerter Personalausweis zu sehen war.

Darauf sollte erkennbar sein, dass er ursprünglich "Sabourjiad" hieß und seinen Namen geändert habe. Daraus wurde dann die Theorie seiner jüdischen Abstammung gestrickt. Der israelische Rundfunk vermeldete die "Tatsache" am Samstag als Aufmacher. Selbst nachdem Amir darauf hingewiesen hatte, dass die Informationen schlecht recherchiert und völlig falsch seien, wurde die Meldung weiterhin in den Rundfunknachrichten gebracht.

"Keine Verbindung zu Juden"

Amir warf dem "Daily Telegraph" handwerkliche Fehler bei der Recherche über die vermeintliche jüdische Vergangenheit des iranischen Präsidenten vor. Dessen voriger Familienname Sabourjian habe "absolut nichts mit Juden" zu tun, sagte Amir. Chasalis Kampagne gegen den iranischen Präsidenten trage sogar "antisemitische Züge": "Ahmadinedschad ist inzwischen im Iran derart verhasst, dass dessen vermeintliche jüdische Abstammung zusätzliche anti-jüdische Gefühle schürt", so Amir.

Während des Wahlkampfes hatte der iranische Präsident seinen offenen Ausweis in die Kameras gehalten und so die Diskussion wiederbelebt. Dabei stellte sich heraus, dass dort sein früherer Familienname "Sabourjian" verzeichnet war. Die Endung des Namens deute darauf hin, dass seine Angehörigen praktizierende Juden waren. Der ursprüngliche Link zu Chasalis Artikel auf seiner privaten Homepage ist nicht mehr erreichbar.

"Bezug zum jüdischen Gebetsschal"

Übersetzt bedeute der Name "Talith-Weber". Der jüdische Gebetsmantel Talith heißt auf persisch "Sabour". Die Medien hatten behauptet, dass die Familie Ahmadinedschads zum Islam konvertiert sei, als der heutige Präsident vier Jahre alt war. Der Präsident habe nie einen Hehl daraus gemacht, seinen Familiennamen geändert zu haben. Allerdings habe er nicht verraten, wie sein früherer Name lautete. Die Sabourjians stammen ursprünglich aus Aradan, dem Geburtsort Ahamadinedschads. Auf Listen des iranischen Innenministeriums ist der Name allein für jüdische Familien reserviert.

Der "Daily Telegraph" beruft sich bei seinen Recherche auf Ali Nourizadeh vom Zentrum für arabische und iranische Studien: "Dieser Aspekt des Hintergrundes von Herrn Ahmadinedschad liefert viel zu seinem Verhalten. Jede Familie, die zu einer anderen Religion konvertiert, übernimmt eine neue Identität, indem sie ihren früheren Glauben verdammt. Mit seinen anti-israelischen Äußerungen versucht er jeglichen Verdacht zu seinen jüdischen Wurzeln zu vertuschen. Er fühlt sich in der radikal-schiitischen Gesellschaft verletzbar." Weder ein Sprecher der israelischen noch der iranischen Botschaft wollten sich dazu äußern.

Von: U. Sahm


Beim gefährlichsten "Feind" des Iran
"Tod den Israelis", brüllten die Männer in der Teheraner Universität, als der geistige Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei, den Westen beschuldigte, die Unruhen im Iran zu schüren. Besonders hob er BBC, "Voice of America" und das "israelisch-zionistische Radio" hervor, schreibt Ulrich W. Sahm.
In der engen Königin Helena-Straße in Jerusalem steht ein heruntergekommener Palast der Mutter des letzten äthiopischen Kaisers Haile Selassie. Während der britischen Mandatszeit sendete von hier der Radiosender "Stimme Jerusalems", bis die jüdische Terrorgruppe Etzel am 2. August 1939 an dem Ort eine Bombe legte. In dem völlig verbauten Gebäude in einem Wirrwarr aus Baracken und Anbauten hat sich später "Kol Israel", der israelische Rundfunk, bei den äthiopischen Eigentümern eingemietet. Bis heute hängen Kabel und Stromleitungen wie Girlanden zwischen den alten Bäumen.

"Studio 9" gleicht einer Rumpelkammer mit vorsintflutlichen Tonbandgeräten und einem 17-Zoll Computer-Röhrenbildschirm. Am Mikrofon hinter der Glasscheibe sitzt Menasche Amir, 69. Seine Stimme ist im ganzen Iran bekannt und in Israel gilt er als Iranexperte.

Geschätzte zwei bis sechs Millionen Iraner hören regelmäßig die persischen Sendungen von "Kol Israel". Amir berichtet: "Ajatollah Chomeini war ein begeisterter Hörer, erzählte mal seine Frau. Ein iranischer Premierminister gestand, uns jeden Tag anzuhören, weil er von uns die glaubwürdigsten Informationen erhalte. Unter Premierminister Itzhak Schamir streikten zwei Monate lang Israels Radio und Fernsehen. Im Iran ging der Witz um, dass Chomeini in einer geheimen Botschaft Schamir angeboten habe, die Gehälter der Mitarbeiter von Kol Israel zu bezahlen, weil Chomeini wieder erfahren wollte, was in seinem Land passiert."

Aus Liebe zu den Hörern

Amir hat ab 17 drei Jahre lang bei der Teheraner Zeitung "Kehan" gearbeitet, bevor er nach Israel auswanderte. Seit 1959 arbeitet er in der "persischen Abteilung" der "Stimme Israels". Obgleich seit vier Jahren pensioniert, ist er weiter auf Sendung, "weil ich meine Hörer so liebe". Über Chamenei, der vor den Sendungen aus Jerusalem warnte, sagt Amir: "Ich bin überzeugt, dass auch er ein treuer Hörer ist."

Während BBC sechs Stunden persische Fernsehsendungen täglich in den Iran ausstrahlt, sendet "Kol Israel" fünf Mal wöchentlich 85 Minuten Nachrichten ab 18.30 Uhr (iranische Zeit). Freitags und am Samstag ist es jeweils eine Stunde. Die Sendungen können über den Satelliten "Hotbird" auf 2 Kanälen gehört werden, sowie auf zwei Internetseiten und per Kurzwelle.

"Das Regime will den Iran von der Außenwelt abschneiden", sagt Amir. Die BBC habe auf "Arabsat" ausweichen müssen, da sogar der Satellitenempfang gestört werde. Doch die Iraner seien sehr geschickt und fänden immer Auswege. Das sehe er anhand der IP-Adressen der Besucher der beiden persischen Internetseiten, die er für das israelische Außenministerium betreut. Dann gebe es viele Anrufe aus dem Iran, doch an zwei Tagen in der vergangenen Woche sei das Telefonnetz komplett gesperrt gewesen. Die Hörer meldeten sich bei Telefonnummern in Deutschland und würden nach Jerusalem weitergeleitet, wo sie dann auf Sendung ihre Gefühle schildern oder Augenzeugenberichte zu den Vorgängen abliefern, ohne Namen oder Wohnort zu nennen. "Wir wollen die Menschen nicht gefährden, haben aber noch nie gehört, dass jemand verhaftet worden wäre, weil er bei uns auf Sendung ging."

Amir liefere mit seinem hochmotivierten Team ehemaliger Iraner die zuverlässigsten Informationen "von Käsepreisen bis hin zu Arbeitslosigkeit und Debatten im Parlament". Er wollte nicht verraten, wie er brisante Mitschnitte erhält. Eine Abgeordnete habe mal in Teheran die Regierung kritisiert. Der Parlamentsvorsitzende rief ihr zu: "Hören Sie auf, der israelische Rundfunk wird das noch senden." Amir sendete den O-Ton noch am selben Tag.

Wahlbetrug auf dem Weg zur Atombombe

Schon drei Monate vor den Wahlen im Iran berichtete Amir über die Vorbereitungen zum umfassenden Wahlbetrug. Obgleich Mir Hossein Mussawi populärer war, wusste er, dass Mahmud Ahmadinedschad wieder "ernannt" werden würde. Dieser sei auch vor vier Jahren durch Wahlbetrug an die Macht gelangt, um die Reformen seines Vorgängers Mohammed Chatami wieder rückgängig zu machen. Jetzt habe Ahmadinedschad die Mission, den letzten Schritt bis zur Atombombe zu vollenden, "weil er der Einzige ist, der dem internationalen Druck widerstehen kann", so Amir.

Der Israeli wagt keine Prognose, behauptet gleichwohl, dass Chamenei einen "schweren Fehler" begangen habe, indem er sich mit Ahmadinedschad und dem gefälschten Wahlergebnis identifiziert habe. So bleibe den Iranern keine Alternative, sich gegen das ganze Ajatollah-Regime zu erheben. Zu den Kontrahenten Ahmadinedschad und Mussawi sagt Amir, dass es bei ihnen außenpolitisch keinen Unterschied gebe. Doch innenpolitisch, bei den Bereichen Wirtschaft, Frauen, Freiheit und Demokratie, gibt Amir Mussawi den Vorzug.

Amir betont, keinerlei Verbindungen zum israelischen Geheimdienst Mossad zu haben. Er war vor einigen Tagen "schockiert" über Behauptungen des Mossad-Chefs Meir Dagan, wonach die Wahlen im Iran "sauber und demokratisch" verlaufen seien. "Wenn das die Meinung des Mossad ist, muss ich mir ernsthafte Sorgen machen, wie informiert die eigentlich über den Iran sind."

Von: Ulrich W. Sahm (Jerusalem)

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