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letzte Änderung 15.02.2010
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Muslime in Europa

Muslime in Europa

Der neue Hass

Von news.de-Redakteur Christoph Heinlein

Burkaverbot, Minarettstreit - «Islamkritik» ist populär in Europa. Manches, was da zu hören ist, erinnert fatal an den Antisemitismus früherer Zeiten.
Im Internet tobt der Kulturkampf am heftigsten. In Foren und auf Kommentarseiten wird aufgerufen zum Kreuzzug gegen die Gefahr, den dunklen Schatten über dem Abendland: gegen den Islam und seine Anhänger, gegen dreieinhalb Millionen Muslime in Deutschland und gegen ihre Glaubensbrüder in Europa und der Welt.
Da ist vom «Machwerk Koran» die Rede, vom «Wüstenräuber Mohammed», von «Musels» und «fanatischen Schwachköpfen». Vorm Tschador und der Burka wird gewarnt, die in Deutschland nichts zu suchen hätten. Dass auf deutschen Straßen weder das eine noch das andere Kleidungsstück allzu häufig zu sehen ist, spielt keine Rolle, es geht ums große Ganze.
Natürlich ist es leicht, im Netz zu pöbeln. Das Medium ist anonym, schnell ist ein Kommentar geschrieben und gepostet, die Regeln des menschlichen Umgangs bleiben da schnell mal auf der Strecke. Das Schlimme aber ist: Was im Internet zu lesen ist, ist leicht entschärft auch anderswo zu sehen und zu hören. Wenn in Talkshows über den Islam debattiert wird, dann bekommt der den lautesten Beifall, der vor Extremisten warnt und die Muslime zur Besserung mahnt.
Merkwürdige Koalitionen entstehen, wenn etwa in Köln gegen den Bau einer Moschee protestiert wird. Da findet sich dann plötzlich ein «islamkritischer» jüdischer Intellektueller wie Ralph Giordano Seite an Seite mit einem rechtsextremen «Bürgerbündnis». Gegen die Vereinnahmung durch die Rechten verwahrte er sich freilich. Und doch: Das, was als «Islamkritik» daherkommt, segelt in gefährlichen Gewässern und läuft nur allzu oft Gefahr, sich in den Untiefen von Rassismus und religiösem Hass zu verirren. Aus «Islamkritik» wird Islamophobie.
Da räsoniert Berlins ehemaliger Finanzsenator Thilo Sarrazin über die Gebärmütter muslimischer Zuwanderinnen, denen «ständig neue kleine Kopftuchmädchen» entsprängen, und über die Geburtenrate der Türken, mit denen diese Berlin eroberten wie einst die Kosovaren das Kosovo. Das klingt schon stark nach Heinrich von Treitschkes Wort von der «unerschöpflichen polnischen Wiege» der Juden, mit dem er 1879 den Berliner Antisemitismusstreit auslöste. Trotzdem bekommt Sarrazin Beifall, per Leserbrief vom kleinen Mann und auch im Feuilleton.
Vertreter muslimischer Verbände weisen gelegentlich darauf hin, dass manch «islamkritische» Äußerung, ersetzte man in ihr das Wort «Muslim» durch «Jude», eine Woge der Empörung auslösen würde. Ausfälle gegen Muslime aber sind in Deutschland und anderen europäischen Ländern salonfähig geworden. Von dem Plakat, mit dem die Schweizerische Volkspartei SVP im Nachbarland für das Minarettverbot warb, von der düster-bedrohlichen Gestalt im Schleier, den zu Raketen mutierten Minaretten, ist es kein weiter Weg zum Juden mit der Hakennase.
Nur jeder fünfte Deutsche hat kein Problem mit dem Islam
Stephan Kramer, Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, sieht im Schweizer Volksbeschluss zum Minarettverbot den Ausdruck tiefgreifender Ressentiments gegen Muslime. Er vermutet ähnliche Stimmungsbilder in allen europäischen Ländern, und hat damit wohl recht. Einer Umfrage von Infratest dimap zufolge macht sich jeder dritte Deutsche Sorgen um eine Expansion des Islam, nur jeder fünfte hat mit der muslimischen Religion kein Problem. In Frankreich und Dänemark wird über Burkaverbote debattiert, populär wären solche Vorstöße wohl fast überall.
Man verleihe doch nur dem «gesunden Menschenverstand» der Bürger Ausdruck, argumentieren denn auch die Verantwortlichen bei der SVP. Ins gleiche Horn stößt CDU-Sicherheitsexperte Wolfgang Bosbach: Es gebe im Volk eben nun mal eine verbreitete Angst vor dem Islam, und die müsse man ernst nehmen. Damit aber rechtfertigen Politiker die Hetze im Netz, das Geraune von der muslimischen Bedrohung, das «wir» gegen «die». Und machen es sich zu einfach.
«Wer den Islam pauschal für fanatisch, intolerant und undemokratisch hält, der hat keine Angst, sondern Vorurteile», schreibt die Schriftstellerin Hilal Sezgin in der Süddeutschen Zeitung. In einer Demokratie, die die «Islamkritiker» doch zu verteidigen vorgeben, kommt es eben nicht nur auf den Willen der Mehrheit an, sondern auch auf den Schutz der Minderheit und ihrer Interessen.

Interview

«Der Islam bereichert die Gesellschaft»

Von news.de-Redakteur Christoph Heinlein

Dieser Mann könnte bald für die Ausbildung deutscher Islam-Religionslehrer verantwortlich sein. Im Gespräch mit news.de fordert Mouhanad Khorchide: In Deutschland muss Platz sein für Minarette, Moscheen und Kopftücher.
Herr Khorchide, in Europa wird zurzeit viel diskutiert über Minarette, Burkas, über das Verhältnis zum Islam. Brauchen wir ein Burkaverbot?
Mouhanad Khorchide: Seit dem 11. September 2001 wird der Islam hier in Europa verstärkt mit Gewalt und Terror assoziiert. Und das Gleiche gilt auch für Symbole, die mit dem Islam zu identifizieren sind, wie Minarette oder Kopftücher. Aber natürlich gab es auch früher schon negative Meinungen über den Islam.
Viele Menschen fühlen sich vom Islam bedroht.
Khorchide: Durch die Terroranschläge im Namen des Islam hat sich das Image der Religion verschlechtert, daher verstehe ich die Ängste der Menschen. Auf der anderen Seite ist der Islam – wie der Religionssoziologe José Casanova immer wieder betont – eine Herausforderung für die Säkularität hier in Europa. In Europa bedeutet Säkularität die totale Verbannung von Religion, von religiösen Symbolen aus dem öffentlichen Raum. Deshalb haben wir in Europa diese Diskussionen über Moscheen und Minarette – Diskussionen, die man zum Beispiel in den USA gar nicht kennt. Wir sollten uns in Europa fragen, ob wir Säkularität nicht reinterpretieren sollten. Eher im Sinne einer strikten Trennung zwischen Staat und Religion.
Viele Europäer haben aber keine Probleme mit christlichen Glaubenssymbolen – sondern nur mit islamischen.
Khorchide: Der Islam wird wahrgenommen als «das Andere». Wir sollten stattdessen lieber von einem großen «Wir» reden. In unserer Gesellschaft sollte Platz für alle sein, für Christen, für Muslime, für Atheisten, für alle Menschen unabhängig von ihrer Herkunft und ihren Weltanschauungen. Und dazu gehört dann auch, dass wir den Muslimen vermitteln: Wir haben in unserer deutschen Gesellschaft auch Platz für eure Moscheen, für eure Minarette, eure Kopftücher. Ihr seid willkommen, so wie ihr seid. Über kritische Fragen sollten wir in einem offenen Dialog reden.
Einen solchen Dialog gibt es in Deutschland ja durchaus, zum Beispiel in der Islamkonferenz der Bundesregierung. Viele Bürger sind allerdings skeptisch. Sie meinen, eine abgehobene Elite rede mit Muslimen, sie selbst seien daran aber nicht beteiligt. Wie kann man dem begegnen?
Khorchide: Es ist sehr wichtig, ein Bewusstsein für eine plurale Gesellschaft zu schaffen. Das beginnt schon im Kindergarten. Die Menschen müssen schon im Kindesalter lernen, ihr Gegenüber als Mensch zu akzeptieren und zu respektieren, unabhängig von seiner Herkunft. Auch die Medien haben eine große Verantwortung. Denn oft werden verzerrte Bilder transportiert, es wird eher über Negatives berichtet als über Positives. Und dann entstehen auch in den Köpfen der Menschen verzerrte Bilder. Die Muslime selbst müssen aber auch lernen, sich nicht immer nur zu rechtfertigen. Sie sollten sich überlegen, wie sie die Deutschen davon überzeugen können, dass ihre Religion die Gesellschaft bereichern kann.
Wie erleben Muslime denn diese Herausforderung? Wie gehen sie damit um, dass viele Europäer ihre Religion ablehnen?
Khorchide: Das kommt ganz auf den Einzelnen an. In der Moschee kommen vor allem junge Menschen zu mir. Menschen, die hier geboren und aufgewachsen sind, für die Europa ihre Heimat ist. Ihre Erwartungen an die europäischen Gesellschaften sind sehr hoch – sie wollen aufgenommen und wie Einheimische behandelt werden. Entsprechen groß ist die Enttäuschung, wenn ihnen stattdessen vermittelt wird: Ihr seid die Anderen, ihr gehört nicht dazu. Ihr seid ein Fremdkörper mit eurer Religion und eurem Aussehen. Je nachdem, wie sich die Jugendlichen von der Gesellschaft aufgenommen fühlen, öffnen sie sich dann auch der Gesellschaft gegenüber. Man kann Öffnung nicht nur von einer Seite fordern, sondern es ist ein gegenseitiger Prozess, in dem beide gleichzeitig aufeinander zugehen müssen.
Ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministeriums hat in dieser Woche bekannt gegeben, dass Sie der Wunschkandidat für den neuen Islam-Lehrstuhl an der Uni Münster sind. Was haben Sie vor, wenn sie die Stelle übernehmen?
Khorchide: Das Besetzungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Sollte meine Wenigkeit diesen Lehrstuhl besetzen dürfen, dann sähe ich das als eine große Verantwortung an. Ich sehe den Lehrstuhl als eine Ressource, einerseits für die islamische Theologie, andererseits auch für die Integration der Muslime in Deutschland. Das Bild vom Islam, das junge europäische Muslime in ihren Köpfen haben, kommt nicht zuletzt von ihren Religionslehrern. Deshalb ist es so wichtig, diesen Lehrern einen aufgeklärten Islam zu vermitteln. Man muss ihnen die Bandbreite an Interpretationen innerhalb der islamischen Ideengeschichte vorstellen. Sie motivieren, darüber nachzudenken, auch kritisch über gewisse Inhalte zu reflektieren.
Das scheint allerdings dringend geboten. In Ihrer Doktorarbeit haben Sie sich ebenfalls mit dem islamischen Religionsunterricht auseinandergesetzt. Eines Ihrer Ergebnisse war, dass gut 20 Prozent der österreichischen Islamlehrer ihre Religion nicht für vereinbar mit der Demokratie hielten. Wie sieht es damit in Deutschland aus?
Khorchide: In Österreich hat man einen Fehler gemacht, den man in Deutschland glücklicherweise nicht macht: Man hat schon im Jahr 1982 den islamischen Religionsunterricht eingeführt und sich erst viele Jahre später die Frage gestellt: Wie bildet man die Lehrer aus, wie gestalten wir den Unterricht? Die einzige Qualifikation vieler Lehrer war, dass sie Muslime waren. Bis heute haben viele weder eine theologische noch eine pädagogische Ausbildung. Dazu kommt: Nach dem österreichischen Grundgesetz ist der Religionsunterricht eine innere Angelegenheit der Religionsgemeinschaften. Der Staat darf sich nicht einmischen, darf nicht darüber mitentscheiden, ob ein Kandidat für das Lehramt die nötigen Qualifikationen hat. In Artikel Sieben des deutschen Grundgesetzes heißt es dagegen, dass der Staat den Religionsunterricht beaufsichtigt, in Übereinstimmung mit den Glaubensgemeinschaften.
Der Staat muss sich also einmischen?
Khorchide: Der deutsche Staat investiert im Moment viel in die Ausbildung islamischer Religionslehrer. Das Wort «einmischen» hat allerdings einen sehr negativen Beigeschmack. Ich würde eher von einer konstruktiven Kooperation mit den Glaubensgemeinschaften reden. Man muss sich an einen Tisch setzen und über die Ausbildung und die Lehrpläne reden, so wie es in Artikel 7, Absatz 3 des Grundgesetzes vorgesehen ist. Durch den Dialog kann man viel mehr erreichen als durch Restriktionen.
Mouhanad Khorchide, geboren 1971 im Libanon, ist Professor für Islamlehre in Wien. Daneben predigt er als Imam in einer Wiener Moschee. Vor kurzem wurde bekannt, das Khorchide den neu entstehenden Islam-Lehrstuhl an der Uni Münster übernehmen soll. Er wäre damit verantwortlich für eine der zukünftigen Ausbildungsstätten für islamische Religionslehrer in Deutschland.


Frankreich

Kein Bürger dank Burka

Frankreich macht im Kampf gegen die Vollverschleierung muslimischer Frauen Ernst. Die Einbürgerung eines Marokkaners wurde abgeleht, weil er seine Ehefrau zwingt, eine Burka zu tragen. Die Frau ist bereits Französin - und soll dies auch bleiben können.
Der Minister für Einwanderung und Nationale Identität, Eric Besson, lehnte die Einbürgerung des Marokkaners ab, dessen französische Frau Gesicht und Körper aus religiösen Gründen voll verschleiert. Premierminister François Fillon stellte sich hinter Besson.
«Es geht um einen radikalen Religiösen, der in seinem eigenen Haus die Trennung von Männern und Frauen erzwingt und sich weigert, einer Frau die Hand zu geben», sagte Fillon im Rundfunk. «Wenn er seine Haltung nicht ändern will, dann hat er keinen Platz in diesem Land.» Frankreich hat 2009 gut 108.000 Ausländer eingebürgert. Der Präsident des Französischen Rates des muslimischen Glaubens (CFCM), Mohammed Moussaoui, nannte es «unannehmbar, eine Frau zu zwingen, den Vollschleier zu tragen». Solches Verhalten solle «über die einfache Ablehnung der Staatsbürgerschaft hinaus verfolgt» werden.
Das Ehepaar gehört der Tabligh-Bewegung an, die eine Rückkehr zum «reinen» Islam predigt. Die Frau bleibt im Haus und verschleiert sich vollständig, wenn sie die Wohnung einmal verlassen muss. Die Frau könne Französin bleiben, sagte Fillon. Sie könne bis zu einer Gesetzesänderung auch weiter ihren Schleier tragen.
«Mit den Werten der Republik nicht vereinbar»
Besson hatte seine Entscheidung zuvor vom Verfassungsrat billigen lassen. Nach Informationen der Zeitung Le Figaro erwähnte der Verfassungsrat die umstrittene Schleierfrage in seiner Entscheidung aber nicht. Die Ablehnung der Staatsbürgerschaft wurde vielmehr mit dem Verhalten des Mannes begründet, das «mit den Werten der Republik nicht vereinbar» sei. Dazu gehören die Geschlechtertrennung von Kindesbeinen an und die Weigerung, Frauen die Hand zu reichen. Das Einbürgerungsrecht sieht in einem «Mangel an kultureller Assimilierung» einen Hindernisgrund für die Vergabe der Staatsbürgerschaft.
Ein französischer Parlamentsausschuss hat vorgeschlagen, das Tragen der Vollschleier Burka und Nikab im öffentlichen Raum bis hin zu Bussen und Behörden vollständig zu verbieten. Der Plan ist heftig umstritten und spaltet vor allem die linke Opposition. Dabei wird auch die Burka mit dem Kopftuch vermengt, wenn linken Kleinparteien vorgeworfen wird, Kandidatinnen mit Kopftuch aufzustellen.


Islamische Mode

Von Burka bis Ikea-Kopftuch

Von news.de-Redakteur Christian Mathea

Miniröcke, Spagetti-Träger oder Bikini-Oberteile: Für islamische Frauen sind solche Sachen in der Öffentlichkeit tabu. Viele Muslimas müssen ihre Haut und ihr Haar mit langen Kleidern und Tüchern bedecken. Luxusunternehmen profitieren davon.
Unter ihrer Bedeckung kleiden und schminken sich islamische Frauen genauso wie ihre westlichen Gegenüber, sagt Layla Khaled. Sie beschäftigt sich seit längerer Zeit in ihrem Blog mit islamischer Mode. «Das wird jedoch nicht, wie in europäischen Ländern üblich, nach außen getragen, sondern bleibt im Inneren. Die Frau macht sich für den eigenen Mann schön und nicht für alle anderen Männer außerhalb der Wohnung», begründet sie. Die strenge islamische Kleidung sei vor allem für die Öffentlichkeit außerhalb der Familie gedacht.

Aber auch die islamische Mode beschränkt sich nicht mehr nur auf traditionelle Muster und Stoffe. Junge Designer versuchen, mit den strengen Kleidungsvorschriften farbenfroh und fröhlich umzugehen. Das beweisen in jedem Jahr die großen Modemessen in Kuala Lumpur, Dubai oder Istanbul. Die dort vorgestellten Kleider sind voller fein gestickter Muster in kräftigen Farben. Die Kopftücher sind bunt, prächtig bestickt oder mit Borten verziert.
Ein Ausweg aus den strengen Kleidungsvorschriften
Muslimas kaufen aber genauso Kleidung von westlichen Designern. Sogar kurzärmelige Jeanskleider, Bodys oder T-Shirts mit grellen Farben werden in den Geschäften in Kairo oder Rabat angeboten. Damit keine pure Haut zu sehen ist, tragen Frauen in der aranischen Welt aber Pullover mit langen Ärmeln darunter. So kombinieren sie internationale Trends mit islamischer Mode.

Ein beliebter Weg, seinen Reichtum trotz der strengen Vorschriften zu zeigen, sind Taschen. «In reichen Ländern wie Saudi Arabien oder Kuwait sind vor allem Markenartikel von Prada oder Gucci der reinste Renner. Dort sind die Luxusmarken ein noch größeres Prestigeobjekt als hier», sagt Layla Khaled. «Im Sommer werden richtige Shoppingtouren nach München, Hamburg, Paris oder London unternommen, wo sich Frauen und Familie von reichen Scheichs und Geschäftsmännern neu einkleiden.»
Neben Mode für die Freizeit gibt es auch muslimische Arbeitsbekleidung. Einige große Unternehmen haben spezielle Uniformen für ihre islamischen Mitarbeiter entwickelt. Bei der Londoner Polizei haben muslimische Polizistinnen mittlerweile die Wahl aus vier verschiedenen Kopftuchmodellen, die zu den Farben der Uniform passen. Auch das schwedische Möbelhaus Ikea hält spezielle Kopftücher für Muslimas bereit.
Wo die islamische Kleiderordnung definiert ist

Wie sich muslimische Frauen kleiden sollen, dass ist im Koran nicht genau definiert. An vier verschiedenen Stellen gibt es aber Hinweise dazu. An zwei Stellen geht es nach Ansicht westlicher Wissenschaftler aber nur um die Frauen des Propheten Mohammed. Nur an den beiden anderen Stellen stünden allgemeine Regeln.

Demnach sollen gläubige Frauen ihre Scham bewahren und ihren Schmuck - ihre körperlichen Reize - nicht offen zeigen. Zudem heißt es im Koran, Frauen sollen etwas von ihrem Überwurf über sich herunter hängen lassen.

Einige Gelehrte leiten daraus ab, dass sich Frauen ganz verschleiern müssen. Andere sehen darin die Pflicht, neben den Haaren auch Hals und Ohren zu bedecken, während sich andere wiederum mit einer Kopfbedeckung zufriedengeben.

Eine einheitliche Regel gibt es offenbar nicht. Deshalb werden die Vorschriften auf der ganzen Welt verschieden umgesetzt. In der Türkei reicht meist ein Kopftuch. Dieses muss in öffentlichen Gebäuden wie Universitäten sogar abgesetzt werden. Ganz anders auf der arabischen Halbinsel. Dort verhüllen Frauen nicht nur ihren Kopf, sondern den ganzen Körper. In Afghanistan schrieben die Taliban ihnen noch bis vor wenigen Jahren vor, eine Burka überzuziehen, die vom Kopf bis zu den Füßen reicht und für die Augen ein Stoffgitter freilässt.


Minarettverbot

Diskussion über die «dunkle Seite des Islam»

Von news.de-Redakteurin Andrea Schartner

Das Minarett-Verbot in der Schweiz zieht europaweite Diskussionen nach sich. News.de sprach mit dem Islam-Experten Johannes Kandel über Religionsfreiheit, Moscheebauten und radikal-islamische Kräfte.
Herr Kandel, wie war Ihre Reaktion, als Sie vom Ergebnis des Volksentscheids in der Schweiz gehört haben?
Johannes Kandel: Es hat mich überrascht. Ich hätte doch gedacht, dass eine Mehrheit der Schweizer diese Frage nach dem Verbot zurückweist. Andererseits weiß ich aus der Beobachtung der Situation in der Schweiz, dass es dort schon lange sehr heftige Debatten um Moscheebauten und Minarette gegeben hat. Was hier in Deutschland in dieser Form - jedenfalls was Minarettfragen anbetrifft - noch nicht der Fall gewesen ist.
Glauben Sie, dass es in Deutschland ähnliche Ängste wie in der Schweiz gibt?
Kandel: Ich glaube, solche Ängste gibt es sehr massiv. Allerdings verhindern eine gewisse political correctness und unsere Verfassung ein solches Verbot. Unser Grundgesetz gewährleistet Religionsfreiheit, wozu ganz selbstverständlich die freie Religionsausübung und damit auch der Moscheebau und die Errichtung von Minaretten gehören. Da gibt es bei uns überhaupt keine Frage. Andererseits finde ich es wichtig, dass im Zusammenhang mit der Schweizer Entscheidung über problematische Entwicklungen und die dunklen Seiten des Islam auch in der Öffentlichkeit diskutiert wird.
Haben wir in Deutschland ein falsches Bild vom Islam?
Kandel: Es gibt sicher falsche Bilder vom Islam, wobei ich falsch mal in Anführungszeichen setzen würde. Es gibt sehr unterschiedliche Bilder vom Islam und es gibt natürlich auch Probleme mit Moscheebauten. Beispielsweise die Moscheebauaktion der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB) in Köln. Der Bau dieser großen Zentralmoschee ist schon im Vorfeld sehr schief gelaufen. Dort sind die Anwohner und dort ist das Bundesland Nordrhein-Westfalen eben nicht lange vorher über das Bauvorhaben informiert worden. Man hat es in Eigenregie durchgezogen. Und dann wundert es mich nicht, wenn tatsächlich Ängste entstehen, wenn sich Misstrauen aufbaut, und sich die Menschen fragen: Was machen die in der Moschee? Was wird da gelehrt? Welcher Islam wird da vermittelt?
Sind diese Fragen berechtigt?
Kandel: Das sind berechtigte und völlig legitime Fragen. Denn es gibt in Deutschland von den 2600 Moscheen schon eine ganze Reihe, die kritisch vom Verfassungsschutz und auch von anderen Ämtern beobachtet werden, weil sich darin Radikalisierungen eindeutig nachweisen lassen. Daher ist das Misstrauen der Öffentlichkeit nicht ganz unberechtigt.
Wie kann man die Situation in Deutschland entschärfen?
Kandel: Vor allen Dingen muss man die Sprecher der großen muslimischen Verbände immer wieder auffordern, größte Transparenz zu zeigen. Sie müssen zeigen, dass sie in der Lage sind, sich in einen kritischen Diskurs über Fehlentwicklungen ihrer eigenen Religion und über die problematischen Seiten ihrer eigenen Religion zu begeben. Es war ein guter Ansatz mit der deutschen Islamkonferenz. Aber das muss jetzt noch erheblich vertieft werden.
Europaweit betrachtet gibt es zahlreiche konservative Kräfte, die anregen, das Verbot aus der Schweiz auch in anderen Ländern zu installieren. Ist die Problematik europaweit ähnlich zu sehen wie in Deutschland?
Kandel: In anderen Ländern sieht meines Erachtens die Situation noch viel gespannter aus als in Deutschland. In England gibt es massive Probleme. Dort sind eine ganze Reihe - wesentlich mehr Moscheen als hier in Deutschland - in der Tat von radikalislamischen Kräften besetzt, die eine ernsthafte Bedrohung der Demokratie darstellen.
Das heißt, dort ist es tatsächlich legitim über Verbote nachzudenken?
Kandel: Es ist legitim, wenn man nachweisen kann, dass beispielsweise jemand, der irgendwo eine Moschee errichten will mit einem Minarett, einer extremistischen islamistischen Gruppe angehört. Da gäbe es auch hier in Deutschland überhaupt kein Zögern und im Zweifelsfalle wäre auch ein Verbot auszusprechen. Wenn sich das beweisen ließe.

Dr. Johannes Kandel, Jahrgang 1950, ist seit 1978 Dozent und Akademieleiter bei der Friedrich-Ebert-Stiftung. Seit 1999 leitet er das Referat der Berliner Akademiegespräche / Interkultureller Dialog. Er hat zahlreiche Publikationen zu Grundfragen der politischen Erwachsenenbildung, Religionen und Politik veröffentlicht. Zuletzt erschien Weder Alarmismus noch Unbekümmertheit. Wie ‹islamistisch› ist der Islam hierzulande? In: Herder-Spezial, 2/2009.

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