Das ist die Antwort auf Beitrag 20085941

Italienische Grammatik

Hallöchen Kati,

natürlich hast du weitgehend recht; trotzdem muss man als Lernender schon ein bisschen an sich halten, wenn einem Blödsinn erzählt wird.

Nimm einmal das "passato remoto". Da hörst du: "Das benutzen wir hier im Norden gar nicht mehr!"

Im nächsten Satz "fu" _t es dir aus dem selben Mund um die Ohren. Das Fernsehen und die Zeitungen sind voll davon. "Passato remoto", das keiner mehr benutzt; aber tagaus, tagein verwendet wird und das auch nicht immer nur "schriftlich".

In meinem Grammatikbuch steht: Lernen Sie das "Passato remoto" wenigstens zu verstehen, auch wenn es in Italien nicht mehr überall angewendet wird.

Im Klartext: Man muss es ja nicht selbst anwenden, aber wenn man es nicht versteht, versteht man ja oft nur "Bahnhof".

Weiter heißt es: Man benutzt das Passato remoto für Handlungen von früher, die heute bedeutungslos sind.

Aha, allerdings selbst erst kürzlich gelesen:

L'anno scorso ci furono le elezioni.

Aha, das stimmt schon, aber sind die Wahlen von damals für das Italien von heute bedeutungslos?

Ist es "wurscht" ob Berlusconi regiert oder nicht?

Das Problem ist hier die Erklärung in meinem Grammatikbuch, wie so oft . Es muss nämlich heißen: Dinge die nicht mehr zu ändern sind, nicht bedeutungslos.

Man lernt weiter, dass lang zurückliegende Ereignisse ins Passato remoto oder alternativ ins Imperfetto genommen werden.

Es kann einem allerdings durchaus passieren, dass einem jemand folgendes erzählt:

Presi la macchina, andai in ufficio e lavorai fino a tardi.

Obwohl er gerade erst fünf Minuten zu Hause ist. Das macht das Lernen so schwierig.

Es gleichgültig, ob er dabei das Imperfetto benutzen würde, die Zeitregel, die einem manchmal als Hilfe angeboten wird, stimmt also auch auf keinen Fall.

Man muss es halt lernen, wie die Italiener das selbst handhaben.

Und da kann es oft besser sein, wenn man das Verb als Infinitiv benutzt, als unverständlich zu sein.

Viele liebe Grüße
JRW

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Hallo JRW ,

darf ich ein bisschen etwas korrigieren ? Mit dem imperfetto kannst du das passato remoto nicht ersetzen,sondern mit passato prossimo.
Da hast du jetzt was verwechselt.

LG Orsetta

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Hallöchen Bärchen,

das ist, so glaube ich, genau die Schwierigkeit bei der Zeitenwahl. Alle naselang sagt jemand was anderes.

So wie ich das bisher gelernt habe, hat das "Passato prossimo" immer einen gewissen Bezug zur Gegenwart.

Beispiel:

"Siamo arrivati" ieri a Roma."

(wir sind in der Vergangenheit gekommen und ob das noch heute Bedeutung hat, sagt uns die gewählte Zeit. Aus der Formulierung ist nämlich zu schließen, dass wir noch in Rom sind. Wären wir nicht mehr da, müssten wir das "Imperfetto" oder das "Passato remoto" benutzen)

Es gäbe noch eine Reihe weitere Beispiele für das "Passato prossimo." So kann man es für einmalige Handlungen benutzen. Und auch der Bezug zur Gegenwart muss ja nicht immer gegeben sein. Das ist ja gerade, was die Sache so schwierig macht.

Wenn ich sage

"Ieri mattina il treno è arrivato in ritardo."

dann ist der Vergang trotz "nächster Vergangenheit" abgeschlossen. Ich kann das nicht mehr ändern und heute muss der Zug wohl pünktlich gewesen sein.

Man kann aber auch Geschehnisse aufeinander aufbauen und erzählen.

"Sono andato alla festa, ho incontrato molti amici e ho ballato."

Das geht aber auch mit dem Imperfetto:

"Maria era in cucina, preparava la cena e ascoltava la radio."

Das wiederum geht aber auch mit dem "Passato remoto:

Andò in America e diventò ricco.


Auch die fortlaufende Erzählung wie vor im Imperfetto funktioniert im passato remoto:

La donna aspettò cinque minuti e poi partì.

Das kann man beispielweise garnicht ins "Passato prossimo" übernehmen, das muss der "Imperfetto" sein, denn andernfalls würde die Frau gleich um die Ecke gekommen, oder wäre schon da.

Wo ist da der Unterschied zwischen der aufeinanderfolgenden Erzählung im "Imperfetto" oder im Passato remoto?

Die Zeit? Das kann beides erst letzte Woche geschehen sein.

Ich versuche dahinter zu kommen, Bärchen, wie du auch. Ein bisschen seltsam ist es allerdings, dass unsere italienischen Muttersprachler uns da ein bisschen alleine lassen.

Viele Grüße aus Köln
JRW

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Ich hatte dein vorheriges Posting so verstanden, dass du es unsinnig findest, wenn man Dinge lernt, die nicht einmal Muttersprachler in jedem Fall sicher beherrschen – darauf bezog sich meine Antwort.

„Man muss es halt lernen, wie die Italiener das selbst handhaben.“

Das Problem dabei ist, dass die Italiener selbst das auch nicht einheitlich handhaben. Man selbst kann sich als Italienischlernender – denke ich – im aktiven Gebrauch nur an die „richtige“ Grammatik halten. Verstehen tut man es ja trotzdem, wenn jemand davon abweicht, und das ist doch die Hauptsache.

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La_strega,

Du stellst richtig fest, dass die Italiener das selbst nicht einheitlich zu handhaben scheinen.

Wenn das so ist, dann gibt es doch auch gar keine "richtige Grammatik", die ich lernen könnte.

Und da hast du mein "Posting" schon richtig verstanden: wenn das so ist, wie es zu sein scheint, kann ich das mit den Zeiten "halten wie ein "Dachdecker" oder wie ich das jeweils schon mal aufgeschnappt habe.

Entschuldige, ich habe nur mal nachgedacht.

Viele liebe Grüße aus Köln
JRW

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Hallo JRW,
die Sache mit der Anwendung des "Passato remoto"s ist leider in Italien nicht einheitlich geregelt ;-).

Keine Frage, schriftlich kommt es immer zum Einsatz. Bei mir im Veneto wird es aber in der gesprochenen Sprache wirklich NICHT benutzt. Meine Freundin aus Brindisi dagegen erzählt alles Vergangene im Passato remoto.
Beispiel:
Rosa: "Andai a fare la spesa."
Maluse: "Quando?"
Rosa: "Ieri!"
Maluse: "????"
  
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Ciao Maluse.

Man wird das "Passato remoto" wohl lernen müssen, sonst versteht man ja nie, was deine Freundin mit "andai" genau meint. Ist sie jetzt einkaufen gegangen? Wird sie einkaufen gehen? Möchte sie einkaufen gehen. Das muss man schon lernen.

Was sagt Rosa denn, wenn sie gerade vom Einkaufen zurückkommt?

Schwierig wird ja erst, wenn Handlungen nicht allein stehen, sondern in Nebensätzen erzählt werden:

Wenn ich sage:

"Era un bell'uomo, aveva 35 anni ed era felice fino a tre ore fa, come andava con occhi chiusi nel bosco oscuro, buttava la sua sigaretta nel bosco e scoppiava un incendio."

Wie würdest du das denn erzählen? Im "Passato prossimo",oder es im "Imperfetto" belassen. Oder sagt der Imperfetto eigentlich schon aus, dass das unbemerkt geschehen ist und nichts mehr nachkommt?

Was aber machst du denn, wenn dein nächster Satz lauten würde: "Deshalb hat er jetzt Angst zu einer hohen Freiheitsstrafe und Schadensersatz verurteilt zu werden."

Man kann natürlich sagen, diese Schachtelsätze müssen nicht sein, doch das macht das Problem größer ,statt kleiner, denn dann muss ich mir für jeden Teilsatz die richtige Form überlegen und wie man sie miteinander vermischen kann.

Cari saluti ...

JRW

che ballando con la perplessità

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Mit "richtiger" Grammatik meinte ich das, was in einem guten Grammatikbuch steht. ;-)

LG, Kati

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Hallöchen Kati,

natürlich hast du recht. Was haben wir für eine andere Möglichkeit als aus Grammatikbüchern zu lernen?

Allerdings, ich weiß nicht, ob es dir auch schon aufgefallen ist, du hast schon ganz gut deutsch gesprochen, ohne je in ein deutsches Grammatikbuch gesehen zu haben.

Nämlich bis zu deiner Einschulung und bevor du überhaupt lesen gelernt hast.

"Was lernt uns dat?" würde Lehrer Bömmel aus der Feuerzangenbowle fragen.

Grammatik sind Regeln für gesprochene Sprache und müssen sich dem unterordnen, was und wie die Leute tatsächlich reden.

Die alte Frage, ob erst das Ei da war und dann das Huhn ist hier leicht zu beantworten.

Zuerst gab es doch wohl die die Sprache und dann die Grammatik, oder?

Herzlichst
JRW
  
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