Also ich würde inhaltlich gar nichts ändern und nur die Grammatik korrigieren. Also:
Wenn du müde bist,
frag die Stille
nach den Schlüsseln deiner Seele.
Öffne das zugeriegelte Tor
des Gartens deiner Seele
und trete hinein.
_______________
Theoretisch wäre durch den Fehler im Originaltext auch möglich, zu sagen:
...
Öffne die zugeriegelten Tore
des Gartens deiner Seele
...
oder:
...
Öffne die zugeriegelten Tore
der Gärten deiner Seele
...
Ich würde von Mars´ Änderungen Abstand nehmen, weil 1. "zugeriegelt" nicht deckungsgleich ist mit "verriegelt" und 2. "Schlüssel für die Seele" ohnehin schon eine Metapher ist, und daher immer auch die Mehrzahl, also "die Schlüssel" möglich ist
(davon abgesehen, ganz profan, sind auch mehrere Schlüssel und Schlösser zu einer Tür möglich, auch praktisch!).
So Bedeutungsverschiebungen durch leichte Variationen der Worte sind sehr spannend. "zugeriegelt" ist härter, verbauter, als ein "abgeriegelt". Als Steigerungsform interessant.
"Schlüsseln" statt "Schlüssel" wiederum legt die Mehrdimensionalität der Seele freier. Nicht ein Schlüssel genügt, mehrere sind notwendig. Damit wird der Zugang vielschichtiger, die Komplexität der Seele wird unterstrichen.
Das grenzt sicherlich bereits an Gedichtinterpretation, und die semantischen Unterschiede werden vermutlich erst im direkten Vergleich klarer. Dennoch geht es letztendlich allgemein um die Be- und Deutungsunterschiede von Sprache als solche.
Ist mir noch aufgefallen dass es ein Wort fehlt, also im Original heisst es:
Öffne das zugeriegelte Tor
des _heimlichen_ Garten deiner Seele.
Ich überlege zwischen "zugeriegelt" und "verriegelt". Könnte man denken, dass wenn das Tor _zugeriegelt_ ist, es ist das seit ewig, also man hat noch nie eingetreten. Und bei "verriegelt" ist das Tor nur mittlerweile abgeriegelt, und die Schlüssel(n) besitzt eben nur der Mensch, und er kann immer wieder hineingehen, verriegelt aber beim Abgang die Tür wieder ab so dass niemand andere hineingehen kann (weil der Garten eben heimlich ist).
Ich würde denken (vom Originaltext), in dem Fall ist das Tor des Gartens nicht bis jetzt geschlossen worden und der Mensch tretet nicht hinein zum ersten mal. Wäre dann verriegelt gängiger? Oder macht das überhaupt kein Sinn?
P.S. Im Original heisst es übrigens auch "die Schlüsseln" und eigentlich "wenn du müde wirst". Betont das auch nicht den Eindruck, dass es um eine ständige Bewegung darstellt, die Seele als wiederkehrender Zufluchts- und Erholungsort..
Bei Goethe kann man "trete" finden, aber hochsprachlich sind heute die von der 2. Person Einzahl mit e-i Wechsel abgeleiteten Formen. Du trittst ein / tritt ein.
Falls Miisa hier ein altes Gedicht vorstellt, in dem "trete" steht, kann man das natürlich so lassen. Andererseits schreibt sie in einem neueren Beitrag auch "der Mensch tretet nicht hinein".
Eigentlich weiss ich nicht genau, was du damit meinst. Ist "tretet" auch eine veraltete Form und würde bei alten Gedichten gehen? Weil "trete" und "tretet" hab ich beide versehentlich geschrieben.
Ah gut.. ich mache so einfach so:
Wenn du müde wirst
frag die Stille
nach den Schlüsseln deiner Seele.
Öffne das verriegelte Tor
des heimlichen Gartens deiner Seele
und tritt hinein.
So bleibt die Übersetzung dem Originaltext treu. Hoffentlich sind nun alle Grammatikfehler beseitigt.