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Kleiner Comic-TippgeberEine kleine Aufzählung von Comics, die ich aus bestimmten Gründen empfehlenswert finde. |  | Little Nemo Der erste moderne Comic (1905!) der das Medium nicht fuer Klamauk nutzte. Erzaehlt wird die Geschichte des kleinen Nemo, der jede Nacht aufs Neue zu traeumen beginnt und in einer Fantasiewelt, Schlummerland, Abenteuer erlebt.
Winsor McCay hat das graphische Potential des Comics entdeckt und spielte erstmals mit unterschiedlichen Formen und Groessen der einzelnen Bilder. Die Geschichten sind surreal wie Traeume eben sind, und von einer graphischen Finesse wie sie vorher noch nicht zu sehen war. Das erste Kunstwerk des Comics.
Dieses Buch ist die vollstaendige Sammlung des gesamten Comics und die vollstaendigste Ausgabe dieses Werkes bisher. Ein grosses dickes Buch, in jeder kleinen Comicsammlung ein echtes Highlight.
Auch für Eltern zum Vorlesen fuer ihre Kinder bestens geeignet (denk ich mal), und fuer die Eltern selbst natürlich auch.... |
 | Batman: The Killing Joke Der grosse Allan Moore schreibt eine der besten Batman-Geschichten ueberhaupt.
Der Joker kidnappt Commissioner Gordon, foltert ihn und konfrontiert ihn mit Bildern seiner Tochter der er vorher in den Bauch geschossen hat, und nackt und blutueberstroemt fotographiert. Um ihn wahnsinnig zu machen.
Als zweiter Handlungstrang folgt in Rückblenden wie Joker zum Joker wurde.
Es ist die grosse Geschichte der Spiegelung: Zwei Seiten der selben Medaille, der Joker und Batman. Zwei verletzte Seelen deren Charakterwerdung jeweils durch ein tragisches Ereigniss ausgelöst wurde und deren daraus resultierende Energien nur jeweils andere Richtungen genommen haben.
Abgruendig und traurig, bitterboese und schmerzhaft. Nichts fuer Kinder. |
 | Batman: The Long Halloween Ein Comic-Noir, eine Geschichte aus der Anfangszeit Batmans als noch Mafiosi die Stadt regierten. Ein Killer treibt sein Unwesen in Gotham City. Die Presse nennt ihn "Holiday" weil er nur an Feiertagen tötet. Er arbeitet sich systematisch durch die Familie von Carmine Falcone, dem unantastbaren Verbrecherkoenig in Gotham.
Es ist auch die Geschichte von Harvey Dent, dem Staatsanwalt Gothams der ebenjenen Mr. Falcone hinter Gitter bringen will, und dabei genauso selbstzerstoererisch zu Gange ist wie Batman. Dent bezahlt diesen Einsatz mit Saeure die er ins Gesicht bekommt - die Geburtsstunde von Two-Face.
Es ist auch eine Geschichte vom Verlust von Freunden, und von Einsamkeit und Verbitterung. Der Preis für die Unabhängigkeit ist fuer Batman die Ablehnung jeder Zuneigung. Liebe stoesst Bruce Wayne zurueck, sie hindert ihn in seinem Handeln als Batman. Der Mensch hinter der Maske muss zuruecktreten, jede Beziehung ist von Beginn an zum Scheitern verurteilt.
Eine verkorkste Seele, traurig und zwanghaft. Nur manisch angetrieben vom Wunsch nach Vergeltung.
Optisch eingefangen wird diese vordergruendige Kriminalgeschichte mit dem redziertem Strich von Tim Sale, der, ganz im Sinne von Noir, Batman wieder zum gadgetlosen Detecitve aus der Anfangszeit macht, ohne Batmobil oder ausgekluegelten Waffen. Dafür mit viel Schatten, viel Dunkelheit, viel Schwarz-Weiss und einer reduzierten Colorierung.
In Summe ergibt das meinen persönlichen Lieblings-Batman, und mein persönlich liebstes Autor-Zeichner-Gespann.
Alle ihre gemeinsamen Arbeiten, für Hulk, Catwoman, Superman und Spiderman, werden von mir hochgeschätzt. Loeb hat ein extrem gutes Verstandnis der Superhelden für die er schreibt, und Sale einen sehr eigenen Stil, der vorallem immer wieder mit besonders gutem Timing im Storytelling auffällt.
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 | Calvin and Hobbes Calvin hat einen besten Freund: Den Tiger Hobbes. Der ist nebenbei auch Stofftier, und zwar für alle anderen ausser Calvin.
In diesem Wechselspiel der Perspektiven liegt ein grosser Teil des Reizes von C&H. Hobbes ist ein lebendiger Tiger und er ist ein Stofftier. Er ist beides gleichzeitig, je nachdem wer mit ihm zu tun hat. Eine genauso liebenswuerdige wie intelligente Anwendung von Fuzzy-Logic.
Eine Betrachtung der Welt gleichzeitig von zwei Seiten - und jede hat Recht- und Berechtigung.
Die Strips schwanken zwischen philosophischen Minifragmenten die jenen der Peanuts oft ebenbuertig sind, schlicht umwerfend witzigen Szenen in denen Calvin tagtraumt (in der Schule, beim Essen, beim Baden, eigentlich tagtraumt Calvin bei jeder Gelegenheit), und (ebenso witzigen) Geschichten rund um seine Eltern, seiner Babysitterin und dem Nachbarsmaedchen Susie.
Die deutsche Uebersetzung ist teilweise extrem schlampig und grauslich - lieber im englischen Original geniessen!
Dann aber annähernd perfekte Unterhaltung... |
 | Maus Der Klassiker, der den Comic entgueltig als ernsthaftes Medium auch für eine breite Oeffentlichkeit etabliert hat (Pulizerpreis 1992).
Spiegelmann erzaehlt die Geschichte seines Vaters Vladek vor und waehrend der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Als Jude in Polen, vom Aufkommen der Nazis bis zu seiner Zeit in Ausschwitz und kurz danach. Die Juden sind dabei Maeuse, Deutsche Katzen, Franzosen Froesche... Eine Fabel ohne eine Fabel zu sein, ein blanker Horror. Spiegelmann bleibt vielschichtig, stellt dar, moralisiert nicht, hadert mit seinem Großvater der selbst rassistisch ist (sic!), zoomt immer wieder aus dem Geschehen raus und reflektiert selbst über die Probleme beim Schreiben des Buches.
Es berührt.
Es ist sehr empfehlenswert, dieses Buch im englischen Original zu lesen, weil sonst sehr viel untergeht, etwa wenn Deutsche in Ausschwitz deutsch reden (dieser Unterschied muss auf deutsch zwangsweise verloren gehen) und auch der Grossvater eine teilweise krude, polnisch, englisch und deutsch vermischende Sprache spricht. |
 | Corte Maltese: Die Südseeballade Der erste Comicroman der Geschichte, noch vor Eisners "Ein Vertrag mit Gott". Mit reduziertem Strich erzaehlt Hugo Pratt eine Geschichte, so ausufernd, bedaechtig und vielschichtig wie ein Roman nur sein kann. Hugo Pratt liest man abends zu einem guten Glas Wein, nicht in der Kaffeepause zwischendurch.
Erhaeltlich ist dieser Klassiker in Farbe und einem für diese Verhaeltnisse unschlagbaren Preis in der F.A.Z. Reihe "Klassiker der Comicliteratur". |
 | Peanuts Also die beduerfen normalerweise keiner Vorstellung...
Faszinierend ist immer wieder, wieviel Poesie und Philosophie in so wenig Text gepackt werden kann. Alles hat Gewicht, jeder Satz, jeder kleine Strich. Die vordergruendig banalsten Geschichten werden zu Minaturen von Weisheit.
Charlie Brown ist der ewig Unverstandene, eine der liebsten tragischen Figuren in der Comiclandschaft. Er moechte nur gemocht werden, aber so regelmaessig wie folgerichtig kann er nur auf Ablehnung stossen.
Und wenn er auch zum 100sten mal anlaeuft um gegen den Football zu treten, wir wissen, dass Lucy den Ball am Ende doch wegziehen wird....
Das Treten eines Balles als Vorstellung des ultimativen Gluecks - es kann daher nur unendlich unerhoert bleiben, das ist richtig, und tut trotzdem weh.
Der running gag als neuzeitliche Sisyphus-Arbeit. Nicht nur der gag, auch die Wiederholung des gags bekommt Gewicht.
Das ist Sturheit im Fordern von Glueck, und nur ein Narr, wer einfach mangelndes Lernvermoegen ortet.... |
 | Comics richtig lesen Theorie Teil eins:
"Scott McCloud eilt der Ruf vorraus, einer der bedeutendsten Comictheoretiker zu sein. Und tatsaechlich sucht seine gross angelegte Analyse des Mediums, die er - und das ist der springende Punkt - selbst in Form eines Comics durchfuehrt, wegen der reibungslos funktionierenden Wechselwirkung zwischen Inhalt und Form ihresgleichen" - Marc Sagmueller, "Der Spiegel"
Pflichtlektuere für den interessierten Leser. |
 | Comics and Sequential Art Comictheorie Teil zwei, für Fortgeschrittene:
Der grosse Will Eisner bringt uns das Medium, das er revolutionaer mitgestaltet hat, näher. Anhand eigener Beispiele, meist aus den "Spirit"-Geschichten, werden konkrete Probleme behandelt, die vom richtigen Panellayout, über Timing bis hin zur richtigen, weil anlassgerechten Perspektive ein grosses Specktrum abdeckt, was der interessierte Comicleser oder Hobbyzeichner wissen will.
Eine Ergaenzend zu "Comics richtig lesen" (McCloud zitiert hin und wieder aus diesem Buch), weil grundsaetzlich naeher am Zeichner als am Leser.
Wer die beiden Bücher über Comictheorie gelesen hat, kann sich daran machen, alles bisher gelesene auch mal von einer technischen Seite zu sehen, und kann dann locker besser argumentieren, warum oder welcher Teil eines Comics als welchen Gründen besser oder schlechter gefallen hat. |
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