Die Jahre vor dem ersten Bandscheibenvorfall
sind besonders hart. Der Hormonie der Jugend entwachsen,
der letzte Weisheitszahn gezogen,
ist man plötzlich körperlicher Unversehrtheit ausgesetzt. Und drinnen wabert die Seele,
macht das, was sie am Besten kann: Sorgen.
Der Nachwuchs: Krisenkinder.
Die Freunde: auf Facebook verschwunden.
Die Liebe: ein befristeter Vertrag mit Staffelmiete.
Knochenkälte. Meine Frau hat wenigstens ab und zu Kreutzschmerzen.
Lorenzo, 4, fällt, brüllt, presst Tränen. Ein kleiner Mann, ganz Knie.
Ich inspiziere: ein Jungsknie, darauf ein frischer Kratzer.
„Krankenhaus?“ Lorenzo japst, fährt mit der Hand
übers Knie,
reckt den roten Finger, raunt: „Blutschmerz!“
Gionatan, 2, Hand ganzflächig auf die Herdplatte abgestützt, Ceran, Stufe 9. Endlich verstehe ich ihn: „Hei“.
Camilla, 6, momentan Wackelcamilla,
der Schneidezahn rechts unten.
Sie kommt mit der Beißzange. „holst Du ihn raus? Dann tut er nicht mehr so weh.“
Am Abend ruft mich Lorenzo noch mal ans Bett, flüstert:
„Jeder hat Blutschmerz.“ Er tippt sich auf die Brust. „Innen drin. Da ist alles voll.“