Die Sage vom Kyffhäuser sagt, dass Friedrich Barbarossa in diesen Bergen von Thüringen in einer Höhle schläft. Er wird an dem Tag aus dem Schlaf erwachen, an dem die Deutschen endgültig vereint sind, um sie dann zum Sieg gegen die Feinde Deutschlands zu führen. Bisher scheint nichts den Frieden des Kaisers gestört zu haben. (…)
Die ehemalige Grenze existiert nicht mehr. Man sucht sie vergeblich. Sie ist verschwunden, ausgelöscht. Der traumatischte eiserne Vorhang Europas ist irrreal geworden. Nicht einmal mit Hilfe alter Karten der DDR schafft man es, zu verstehen, wo die Mauern waren, die „Todesfallen“, die Türme, die tagsüber Kilometer über Kilometer von Fläche erhellten (…). Alles ist neu geordnet worden. Nur selten, wenn man durch die Felder oder Wälder streift, geschieht es, dass man ein kurzes, noch nicht völlig von Gras oder Sträuchern überdecktes Stück der Wege sehen kann, auf denen die Wagen der Vopos (Volkspolizisten) fuhren, um jeden Quadratmeter des Territoriums auf der Suche nach eventuellen Flüchtlingen zu durchstöbern.
Kurz bevor jegliche Spur ausgelöscht wurde, hat jemand entschieden, dass zumindest der tragischte der Checkpoints zwischen den beiden Deutschlands erhalten bleiben sollte. In Marienborn, an der ehemaligen Transitautobahn Berlin-Hannover, jener, die den westdeutschen Autofahrern ermöglichte, in einer Fahrt ohne Unterbrechung West-Berlin zu erreichen, ist der Grenzübergang gelassen worden, wie er war. (…) Man kann die Baracken sehen, denen sich jeder Autofahrer mit Vorsicht näherte, achtsam, sich nicht versehentlich in die falsche Schlange einzureihen, und achtsam, dass der Vopo, der gerade Schicht hatte, ihm nicht den Pass entzöge.
