Hallo michamicha,
was Bahiano über die regionale Verteilung schreibt, ist ganz wichtig und spiegelt die Realität, mit der ein Deutschlerner in D klarkommen muss. Die Grammatik sieht als Standard etwas leicht anderes vor. Ich habe mal in der Duden-Grammatik nachgelesen, die beschreiben ungefähr Folgendes:
1. Beide Zeiten beziehen sich auf die Vergangenheit.
2.1. Wenn eine Temporaladverbiale oder andere kontextuelle Mittel klar machen, dass das Geschehen in der Vergangenheit stattfand, sind die Tempora im Großen und Ganzen austauschbar:
"Wir blieben im Sommer hier. - Wir sind im Sommer hier geblieben."
2.2. Fehlen solche Markierungen oder ist im Zusammenhang das Geschehen (oder seine Folgen) zum Sprechzeitpunkt noch relevant, dann ist Perfekt vorzuziehen:
"Wer hat das Fenster aufgemacht? Es ist KALT!"
3. Präteritum ist das Grundtempus für Erzählungen in der geschriebenen Standardsprache. Das Perfekt kann im eröffnenden und abschließenden Satz aber gut und gern verwendet werden. Solche Einleitungs- / Abschlusssätze kommen oft in Zeitungsberichten vor. Diese Perfekt-Sätze sind "Rahmensätze", die einen Bezug zur Gegenwart herstellen, "während der Hauptteild des Textes im Präteritum über Vergangenes weiterberichtet".
Hier könnte ein Grund für den Tempuswechsel liegen:
Im 1. Beispiel könnte man es so verstehen: "Wir reden gerade über Italien und politische Anschläge. Wir alle wissen, dass du früher mal in Italien warst, und als du dorthin gefahren bist, da war die Welt noch anders." Und das ist die Erzählung: "Es gab damals keine Terroristen."
Im 2. Beispiel erzählt das "Ich" über eine Reise. Dass Ich bei Base über die Grenze fuhr, ist ein Ereignis in der Vergangenheit, in das das andere Ereignis eingebettet ist: Sie haben einem Studenten das halbe Auto auseinander genommen.
4. In der gesprochenen Sprache wird (ganz besonders in Süd-D) im Perfekt erzählt. Hier wird das Präteritum evt. noch von "sein", den Modalverben und einigen ganz frequenten Verben verwendet.
Das könnte ein Grund für die Verwendung des Präteritums im ersten Beispielen sein, weil "es gibt" wohl ziemlich häufig vorkommt. Die unterschiedliche Verwendung von "fahren" ist damit aber noch nicht erklärt.
Auch die Übungsgrammatik "Deutsch als Fremdsprache für Fortgeschrittene" (Karin Hall, Barbara Scheiner), S. 320-321, hat ein paar griffige Regeln für den Gebrauch von Präteritum bzw. Perfekt, die aber nicht den Wechsel zwischen den Zeiten erklären, wie er in deinen Sätzen stattfindet.
Zu unterscheiden, ob das Ereignis abgeschlossen ist bzw. ob es sich noch auf die Gegenwart auswirkt, halte ich (abgesehen von der Regel in 2.2.) für weniger bedeutend als die regionalen Unterschiede, die sich aus den Dialekten heraus entwickelt haben und weiter entwickeln.
Regel 2.2. finde ich also gut und anwendbar.
4. ist auch gut, wenn sie auch mit dem Kriterium 'Frequenz' eine gewisse Schwäche hat, denn wo will man die Grenze ziehen? Hierfür bräuchte man eine große korpuslinguistische Untersuchung. Und selbst dann kann jeder sagen: Nein, ich will es trotzdem anders haben!
3. ist sicher, bei eingehender Analyse, auch richtig, aber ich finde sie recht schwer anwendbar. Nicht für die genannten Zeitungsberichte, aber wohl für deine Beispielsätze. Und diese Tempuswechsel sind ja durchaus nicht falsch!
LG Birgit
